Bleib da!

In seiner Tätigkeit als Krankenhausseelsorger im LKH Graz baut Bernd Oberndorfer mit Patienten immer wieder Beziehungen auf. Und er lernt von ihnen, wie er heute in den Morgengedanken verrät.

Morgengedanken 7.3.2018 zum Nachhören:

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Eine Patientin hat mir das Wichtigste der Seelsorge hinterlassen. Wir hatten uns über die Jahre ihrer Behandlung kennen gelernt. Ich wurde ihr vertrauter Mensch, mit dem sie manches besprechen konnte, was in der Familie oder mit Freundinnen so nicht ging.

Pfarrer Bernd Oberndorfer
ist Krankenhausseelsorger im Landeskrankenhaus des Universitätsklinikums Graz und Seelsorger für Krankenhäuser und Pflegeheime in der Steiermark.

Verlorene Sprache

Die besondere Tragik: Eine furchtbare Krankheit nahm ihr Wort für Wort ihre Sprachfähigkeit. Wie wütend und verzweifelt war sie manchmal, weil sie mir so Wichtiges sagen wollte. Genau wusste, was sie sagen wollte. Aber die Worte gingen ihr verloren. Einige Wochen vor ihrem Tod besuchte ich sie zu Hause. Die Kinder sagten, dass die Mama schon einige Zeit nichts mehr sage. Ich setze mich zu ihr, halte sie an der Hand, erzähle ihr aus meinem Leben, erinnere an Gemeinsames, schweige schließlich. Draußen wird es Abend, es dunkelt. Ich will mich verabschieden, meine Hand von der ihren lösen.

Da hält sie mich fest. Ich merke, wie sie etwas sagen möchte. Ein Wort suchte sich seinen Weg durch das Dunkel ihres Verstummens. Und schließlich lösen sich zwei Worte von ihren Lippen: Bleib da! Da bleiben. Darum geht’s.