Nichts ist mehr, wie es war

Eine Katastrophe passiert. Und nichts ist mehr, wie es war.

Gedanken für den Tag 21.8.2019 zum Nachhören (bis 20.8.2020):

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

In Bassimas Leben ist kein Stein auf dem anderen geblieben, als sie vor dem Krieg in Syrien fliehen musste. Dort hatte sie ein Haus, ihr Mann war Gemüsehändler. Jetzt lebt das Paar mit seinen drei Kindern im Libanon in einem Lager in der Bekaa-Ebene, nahe der Grenze zu Syrien. Viele Flüchtlinge wollen in der Grenzregion bleiben, getragen von der Hoffnung, bald wieder zurück zu können. Doch das Warten ist zur Normalität geworden, Bassima lebt schon seit sechs Jahren hier.

In der Ödnis Blumen pflanzen

Stolz zeigt sie mir das Zeugnis ihrer siebenjährigen Tochter. „Ich möchte, dass sie viele Sprachen lernt“, sagt Bassima. „Würde heißt für mich, dass ich ein Haus habe und einen Job und Bildung für meine Kinder."

Maria Katharina Moser
ist Direktorin der evangelischen Hilfsorganisation Diakonie

Bassima arbeitet als Saisonarbeiterin in der Landwirtschaft. „Viele Frauen arbeiten am Feld und erhalten die Familien. Wir wollen Respekt dafür", sagt sie. Für ein Haus reicht das Einkommen nicht. Die Wohnbedingungen für Flüchtlinge im Libanon sind prekär. Ein Großteil lebt in überfüllten und überteuerten Mietwohnungen, einige leben – wie Bassima - in kleinen, informellen Lagern. Nach Jahren immer noch in Zelten. Die libanesische Regierung will nicht, dass die Lager der syrischen Flüchtlinge für Jahrzehnte zur Normalität werden - so wie die Flüchtlingslager der Palästinenser. Deswegen dürfen die Syrer keine festen Häuser bauen. Nur ein gemauertes Fundament in der Höhe von fünf Ziegelreihen ist erlaubt – denn hier in der Bekaa-Ebene schneit es im Winter. Wenn der Schnee schmilzt, versinkt das Lager in Wasser und Schlamm.

Mir fallen Blumen auf, die die Lager-Bewohnerinnen in alten Blechdosen und ausrangierten Plastikkübeln gepflanzt haben. Bassima nickt. „Auch wenn die Bedingungen schrecklich sind, wir verwenden unsere ganze Anstrengung darauf, diesen Ort zu einem Zuhause zu machen", sagt sie.

In der Ödnis Blumen pflanzen – Bassima meistert die Katastrophe mit Würde.

Musik:

Kronos Quartet: „Wa habibi“ / Christliche Karfreitags-Hymne aus Libanon in einer Bearbeitung für Streichquartett, arrangiert von Stephen Prutsman
Label: Nonesuch/WEA 7559798288