Moldau: Getrennte Familien, getrennte Kirchen, getrennte Politik

In keinem anderen Land Europas ist die Armut so groß wie in der Republik Moldau.

Aufgrund der hohen Arbeitslosenrate ist Moldau das Land mit der größten Arbeitsmigration ins Ausland. Inzwischen lebt ungefähr ein Viertel der arbeitsfähigen Bevölkerung im Ausland. Zurück bleiben oft die Kinder und die alten Menschen.

Moldau Maximeni

ORF/Alexandra Mantler

In Maximeni scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.

Praxis
Mittwoch, 16.10.2019, 16.05 Uhr, Ö1

Die vom österreichischen Jesuitenpater Georg Sporschill gegründete Hilfsorganisation „Concordia“, die heute von Ulla Konrad und Pater Markus Inama SJ geleitet wird, versucht aus der Not eine Tugend zu machen und bringt in ihren Tageszentren Alt und Jung zusammen. Doch die Migration hinterlässt allzu oft zerstörte Familien: Mütter, die als Pflegekräfte nach Europa, nach Israel oder in die Türkei gehen oder Väter, die in Russland am Bau arbeiten und oft jahrelang nicht mehr nach Hause kommen.

Moldau Chisinau

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Klassizistischer Charme in Chișinău.

Getrennt – aufgrund der bewegten Geschichte der Republik Moldau – sind auch die christlich-orthodoxen Kirchen: die moldauisch-orthodoxe Kirche, die dem Patriarchat von Moskau untersteht, und die orthodoxe Kirche Bessarabiens, die zum Patriarchat Bukarest gehört. Die Gräben zwischen den beiden Kirchen werden in den letzten Jahren eher breiter als schmäler. Daneben gibt es noch religiöse Minderheiten wie Katholiken, die Zeugen Jehovas oder die heute sehr kleine jüdische Gemeinde in Chișinău.

Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Chisinau, Shimshon Deneel Isaakson

ORF/Alexandra Mantler

Rabbiner der jüdischen Gemeinde in Chișinău, Shimshon Deneel Isaakson.

Um 1900 war die Stadt ein Zentrum jüdischen Lebens im russischen Kaiserreich, Jüdinnen und Juden stellten mit 46 Prozent die größte Bevölkerungsgruppe in Chișinău. Doch im Zuge eines immer stärker werdenden Antisemitismus kam es wiederholt zu Pogromen und während der NS-Zeit fielen schließlich weite Teile der jüdischen Bevölkerung der Shoah zum Opfer. Einen interreligiösen Dialog zwischen den verschiedenen Religionen gebe es „theoretisch“, meint der junge Gemeinderabbiner von Chișinău, de facto dominiere aber die zahlenmäßig größte moldauisch-orthodoxe Kirche.

Moldau Kirche

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Seit der Unabhängigkeit wurden in Moldau viele Kirchen und Klöster renoviert und wiedereröffnet.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Republik Moldau sind viele alte Kirchen, Felsenklöster und Kathedralen wieder renoviert und neu eröffnet worden und die 500-jährige Kirchenarchitektur ist ein wichtiger Faktor für den Tourismus. Auch das St. Georg Kloster in Suruceni wurde von schwarz gekleideten Ordensfrauen wieder zu neuem Leben erweckt: Wo einst ein Viehstall war, wird heute wieder Gottesdienst gefeiert.

Chisinau Wolkenkratzer

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Modernes Chișinău

Ebenso bleibt das Land politisch gespalten. Orientieren sich die einen eher Richtung Europäische Union beziehungsweise Nachbar Rumänien, halten die anderen die traditionell engen Beziehungen zu Russland hoch. Anschaulich wird dieser Konflikt rund um die Autonomieregionen Transnistrien und Gagauzia. „Unsere Sprache, unsere Kultur, das alles ist russisch“, meint etwa der Vize-Bürgermeister von Congaz in Gagauzia, dem „größten Dorf Europas“, „doch die finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union ist sehr wichtig für uns, also warten wir ab, wie sich die Stimmung in den nächsten Jahren entwickelt.“

Moldau Chisinau Bauern

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„Gott behüte Euch“, geben Jon und Vera den Besuchern noch mit auf den Weg.

Gestaltung: Alexandra Mantler

Praxis 16.10.2019 zum Nachhören (bis 15.10.2020):

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