Willst du Gott, so halte dich an die Welt

Vor 75 Jahren ist Dietrich Bonhoeffer von den Schergen Hitlers ermordet worden. Nicht weil er Pfarrer und Christ, sondern weil er aktiv im Widerstand war. War er nun ein Märtyrer des Glaubens, oder doch „nur politisch“?

Gedanken für den Tag 2.4.2020 zum Nachhören (bis 1.4.2021):

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Bonhoeffer selbst widersetzt sich dieser Zweiteilung: Glaube hier, Politik da. Gerade das Weltliche ist es, in dem sich das Christliche zeigt. In einer Predigt sagt er es so: „willst du unvergängliches, so halte dich an vergängliches, willst du ewiges, so halte dich an zeitliches, willst du Gott, so halte dich an die Welt.“

Oder etwas bildlicher: „Ich fürchte, daß die Christen, die nur mit einem Bein auf der Erde zu stehen wagen, auch nur mit einem Bein im Himmel stehen.“

Don Quijote und Sancho Pansa

Bonhoeffer vertritt ein durch und durch weltliches Christentum – weil Gott selbst „durch und durch weltlich“ geworden ist. Das heißt aber weder unkritische Anpassung, noch das radikale Durchsetzen hehrer Ideale.

Gunter Prüller-Jagenteufel
ist katholischer Theologe

Verdeutlicht hat er das an zwei Figuren der Weltliteratur: Don Quijote und Sancho Pansa: Don Quijote, der Idealist, tritt heroisch gegen Windmühlen an und verliert den ungleichen Kampf dramatisch. Sancho dagegen, als illusionsloser Opportunist, eckt nirgends an und lässt alles beim alten. Beide, so gegensätzlich sie sind, erreichen nichts.

Bonhoeffer dagegen, sucht beides zu vereinen: Das Ideal, das ihn leitet, und das Konkrete, das ihn fordert. Denn „heute und hier“ ereignet sich das Reich Gottes. Für Bonhoeffer im Widerstand gegen das Unrechtsregime. Für uns vielleicht in der Corona-Krise: in der Pflege, im Aufrechterhalten einer funktionierenden Gesellschaft, im Einhalten der Vorsichtsmaßnahmen – und nicht zuletzt im politischen Umsetzen dessen, was wir aus der Krise lernen.

Dazu noch einmal Bonhoeffer: „Mag sein, daß der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

Musik:

Stan Getz/Saxophon, Gary Burton/Vibraphon, Lalo Shifrin/Piano, Kenny Burrell/Gitarre, George Duvivier/Bass und Joe Hunt/Drums: „Nitetime street“ von Lalo Schifrin
Label: Verve 5136312