1945 und die Folgen

Themen: „Was mich in der Krise trägt“ von Carla Amina Baghajati; Die jüdische Gemeinde von Wien seit 1945; Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit; Bibelessay von Mirja Kutzer

Was mich in der Krise trägt – Mit der Erschwernis kommt auch die Erleichterung

Diesmal ist es die Obfrau des „Forums muslimischer Frauen in Österreich“, Carla Amina Baghajati, die erzählt, was sie in der Krise trägt. Und diesmal ist es der muslimische Fastenmonat Ramadan, der beim Tragen und Ertragen helfen kann, ein Monat, in dem der Überlieferung zufolge die Heilige Schrift der Muslim/innen, der Koran, herabgesandt wurde. Ab 24. April wird täglich vom Beginn der Morgendämmerung an bis Sonnenuntergang auf Speis, Trank und weiteren Genuss verzichtet und mehr als sonst gebetet. Dieser Tage freilich nicht in den Moscheen.

Lebenskunst
Sonntag, 26.4.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Es wird ein anderer Ramadan als sonst, sagt Carla Amina Baghajati. Vielleicht intensiver? Wenn es im Ramadan heißt, „im Verzichten gewinnen“, dann klingt das heuer noch einmal anders, weist noch eindringlicher darauf hin, sich des wirklich Wesentlichen bewusst zu werden. „Vielleicht werdet ihr dankbar sein“, wird die Stimme Gottes im Koran direkt im Anschluss an die Verse zum Fastengebot wiedergegeben. Und auch dieses göttliche Versprechen findet sich im Koran: „Mit der Erschwernis kommt die Erleichterung.“

Was mich in der Krise trägt

Wiederaufbau der Seelen – Die jüdische Gemeinde von Wien nach 1945

„Wiederaufbau der Seelen, Versöhnung mit Gott, deren unerlässliche Vorbedingung die Versöhnung untereinander ist…“, das war die Vision von Akiba Eisenberg, dem ersten Oberrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde von Wien nach der nationalsozialistischen Diktatur. Die jüdische Seele „lag in Trümmern“, die Gemeinde war schwer traumatisiert und stark dezimiert. Während der Schoah waren 65.000 österreichische Jüdinnen und Juden ermordet und 120.000 vertrieben worden, nur 2.000 haben überlebt. Allein und völlig auf sich gestellt sei er, der 1908 in der heutigen Slowakei geborene Rabbiner, gekommen – auf Füßen, die nicht ins Wanken geraten sollen, um mit unbeugsamem Willen und unermüdlichem Herzen die Pflicht zu tun, zu der ihn Gott berufen habe: die unglückliche, in die tiefsten Abgründe des Leidens gestürzte Wiener Judenheit wieder emporzuheben. Das sagte Akiba Eisenberg bei seiner Antrittsrede.

Ganze 35 Jahre lang sollte er der Wiener jüdischen Gemeinde in geistlichen Dingen vorstehen, von 1948 bis zu seinem Tod 1983. Dann folgte ihm sein Sohn Paul Chaim Eisenberg als Oberrabbiner, der bis heute den österreichischen Kultusgemeinden Österreichs mit Ausnahme Wien als Oberrabbiner vorsteht. Sein Wiener Nachfolger war Arie Folger, dessen designierter Nachfolger ist Jaron Engelmayer. Der erste nach der Schoah geborene Präsident war Ariel Muzicant, dessen Vorgänger Paul Grosz und Ivan Hacker. Jetzt führt Oskar Deutsch als Präsident die Geschicke der IKG Wien sowie des Bundesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs, Vizepräsidentin ist Claudia Prutscher. Viel hat sich seit 1945 verändert. Insbesondere seit den 1980er und den beginnenden 1990er Jahren existiert wieder ein vielfältiges, eigenständiges jüdisches Leben, das durch Schulgründungen, Gemeindezentren, Unterstützungsorganisationen, Sportvereine und zahlreiche kulturelle Aktivitäten gekennzeichnet ist. Maria Harmer hat sich – auch in historischem Material - umgehört und umgesehen. Ein Beitrag zum Ö1-Schwerpunkt „1945 und die Folgen. Anfänge, Widersprüche, Kontinuitäten“.

Interreligiöse Partnerschaft – Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Das Verhältnis zwischen der nichtjüdischen und der jüdischen Bevölkerung nach 1945 war naturgemäß keineswegs unbelastet. Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden nach dem Krieg verschwanden nicht einfach, im Gegenteil, ein „Antisemitismus nach der Schoah“ erschien durchaus salonfähig. Der Reflexion und dem Idealismus mancher Christinnen und Christen ist es zu verdanken, dass zunehmend versucht wurde, festgefahrene Vorurteile und Feindbilder zu überwinden. (Unbewusste) Judenfeindlichkeit durch Bildung und Begegnung zu beseitigen sowie alternative Modelle für den Umgang mit Konflikten anzubieten und die Gesprächs- und Streitkultur zwischen den Religionen sicherzustellen, sind auch seit mehr als sechs Jahrzehnten die Ziele des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Ein einzigartiges Netzwerk aus Christ/innen verschiedener Konfessionen und Vertreter/innen der jüdischen Gemeinden bemüht sich um vertiefte Beziehungen, Information und Austausch zwischen jüdischen und christlichen Menschen. 1956 hatte das Präsidium der katholischen Friedensbewegung „Pax Christi“ auf Anregung von Kardinal Franz König beschlossen, sich in einem Arbeitskreis dem christlich-jüdischen Verhältnis und der Bekämpfung des Antisemitismus zu widmen. Inspiriert vom Doyen der österreichischen Judaistik, Kurt Schubert, konstituierte sich der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit am 12. Februar 1965, sein Büro befindet sich heute in der Tandelmarktgasse in Wien-Leopoldstadt. Lena Göbl hat mit engagierten Mitdenker/innen und Mitarbeiter/innen gesprochen. Ein Beitrag zum Ö1-Schwerpunkt „1945 und die Folgen. Anfänge, Widersprüche, Kontinuitäten“.

Fülle nach der Leere – Bibelessay zu Johannes 21,1-14

In katholischen Kirchen ist am zweiten Sonntag nach Ostern, dem dritten Sonntag in der Osterzeit, die Erzählung einer weiteren Erscheinung des Auferstandenen zu hören. Sie ereignet sich am See von Tiberias und mündet in einem mit Fischen prallvoll gefüllten Netz. Erst als sich nach der Leere die Fülle, mitten im Leben der Überfluss einstellt, erkennen die Anhänger/innen des Jesus aus Nazareth den Auferstandenen. So deutet die katholische Theologin Mirja Kutzer, die an der Universität Kassel lehrt, den Evangelienabschnitt für die LEBENSKUNST. Mit der Auferstehung, so könnte man von der gegen Ende des ersten Jahrhunderts verfassten Erzählung lernen, ist es genauso. Auferstehung ereignet sich nicht, oder wenigstens nicht allein am Ende des Lebens. Sie ist dort, wo der Mensch Fülle erfährt, wo sich unerwartete Möglichkeiten einstellen.

Bibelessay zu Johannes 21,1–14

Redaktion & Moderation: Doris Appel

Lebenskunst 26.4.2020 zum Nachhören (bis 25.4.2021):

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