Menschen treffen

Endlich - endlich dürfen wir wieder Lokale besuchen, Museen und auch Gottesdienste. Das alles natürlich mit den Auflagen wie Mindestabstand und dem Tragen von Masken. Aber dennoch merke ich, wie erleichtert ich bin: Wieder kehrt ein Stück Normalität in den Alltag zurück.

Zwischenruf 17.5.2020 zum Nachhören (bis 16.5.2021):

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Genauer gesagt geht es darum, endlich wieder mehr Menschen treffen zu können. Sei es eben in Gasthäusern, Museen oder bei Gottesdiensten. Die Sehnsucht danach war sehr groß, das merke ich jetzt, wo es endlich wieder erlaubt ist. So wie mir geht es vielen anderen auch. Mit wem ich auch darüber spreche, immer kommt die Sprache doch sehr schnell darauf, dass die Menschen sich darauf freuen, wieder mit anderen zusammenkommen zu dürfen.

Marco Uschmann
ist evangelisch-lutherischer Pfarrer und Chefredakteur der Zeitschrift „Die Saat“

Richtige Menschen

Abgesehen von den vielen dramatischen wirtschaftlichen Auswirkungen und dem massiven Nachholbedarf in den Schulen: Das Erste, was mir die Kollegin im Büro mit zwei Kindern erzählt: „Es war schlimm für meine beiden Töchter, nicht mit ihren Freundinnen und Freunden zusammenkommen zu dürfen. Sie haben die anderen so vermisst und freuen sich jetzt sehr auf die Schule.“ Ebenso, vielleicht noch mehr, ist es den vielen Kindern gegangen, die nun endlich wieder den Kindergarten besuchen.

Mir geht es ähnlich: Die ersten zaghaften Besprechungen mit Kolleginnen und Kollegen. Vorsichtig, großer Abstand, verunsichert, aber dennoch: „Richtige Menschen“, sagt einer der Kollegen mit einem breiten Lächeln. Und alle stimmen aus tiefstem Herzen zu. Denn alle moderne Technik kann doch nur ein schwacher Ersatz sein für richtige Menschen und richtige Begegnung.

Zwischenruf
Sonntag, 17.5.2020, 6.55 Uhr, Ö1

Von meinem Unvermögen, mit den vielen verschiedenen Video-Chat-Programmen umzugehen, will ich hier nur kurz sprechen. Jeder und jede nutzt ein anderes, angeblich besseres, angeblich einfacheres, angeblich sicheres System. Den Ausflug in die Welt dieser Programme werde ich nicht vermissen. Wobei ich deutlich sage: Sie helfen schon. Sie haben vieles ermöglicht, Kirchen haben virtuelle Gottesdienste und Andachten entdeckt. Wertvolle Erfahrungen für die Zeit nach der Pandemie gesammelt. So freue ich mich darauf, heute wieder einen Gottesdienst mitfeiern zu können, gemeinsam zu singen und zu beten. Anderen Menschen begegnen und gemeinsam Gott begegnen.

Das eigentümliche Gefühl, Menschen zu begegnen

Als Pfarrer habe ich ein enges Verhältnis zur Bibel und bin nun doch wieder einmal überrascht. Denn dass sie viel Kluges und Wahres enthält, habe ich schon gewusst. Nun aber habe ich es ein weiteres Mal erlebt: Denn in der Bibel steht schon auf der Seite 1: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Diese Worte haben für mich eine neue Tiefe gewonnen, der ich von ganzem Herzen zustimme. Wir Menschen sind soziale Wesen – das zu wissen und das zu erleben sind zwei verschiedene Sachen. Ich bemerke, dass ich nun anders auf Menschen zugehe: Natürlich vorsichtiger wegen dem Sicherheitsabstand. Aber auf eine besondere Art auch freundlicher, zugewandter. Nicht mehr so selbstverständlich wie früher, denn dass wir einander begegnen und zusammen sein dürfen, ist nicht selbstverständlich gewesen diese langen letzten Wochen. Dieses besondere und neue Begegnen ist schön. Hoffentlich wird das nicht gleich wieder von der Geschäftigkeit und dem Alltag weggespült, sondern hält eine Weile.

Ich habe mir jedenfalls fest vorgenommen, mir dieses eigentümliche Gefühl zu merken und den Menschen damit zu begegnen. Und ich bemerke, dass ich mir schon eine Weile Gedanken darüber mache, wen ich lange nicht gesehen habe und auf wen ich mich freue. Und wenn ich dann den Einen oder die Andere frage: „Na, wie geht’s?“ und höre: „Gut, dass wir wieder unter Menschen dürfen“, nicke ich lächelnd. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Ich freue mich auf Sie.