Seelsorgekunst und Therapie

Zu meinem Fachbereich, der Pastoraltheologie, gehört auch der Bereich der sogenannten „Seelsorge“. Unter Seelsorge wird dabei die Kunst verstanden, Menschen zu begleiten. Und vor allem Krisen und Lebensübergänge sind wichtige Momente für Seelsorge – womit sie vieles mit Ansätzen von Therapie gemeinsam hat.

Gedanken für den Tag 3.7.2020 zum Nachhören (bis 2.7.2021):

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Beiden geht es darum, Menschen zu helfen, schöne und vor allem schwierige Erfahrungen in das eigene Leben zu integrieren. Seelsorge und Therapie möchten dazu beitragen, dass das Leben als ein gelingendes Leben wahrgenommen wird.

Vergangenheit und Zukunft verbinden

Gerade im Blick auf das Thema der Träume kann die Seelsorge dabei einiges von Therapeut/innen lernen. So führt z.B. die Therapeutin Ingrid Riedel in ihrem Buch über Erinnern und Träumen aus: Im Erinnern leuchten wir den Raum unserer Vergangenheit aus, im Träumen den Raum unserer Zukunft. Und beides braucht es zum gelingenden Leben – Vergangenheit gut zu erinnern; und Zukunft zu erträumen.

Johann Pock
ist katholischer Theologe und Priester

Seelsorgliche Begleitung z.B. in Trauerfällen bedeutet, Menschen einen Raum zum Erzählen zu geben; Erinnerungen zu benennen; Trauer über zerstörte und unerfüllte Träume zuzulassen. Und häufig sind da auch tatsächlich Träume, in welchen Verstorbene vorkommen, ein Thema von Gesprächen.

Zugleich aber bedeutet Seelsorge auch, nicht in der Vergangenheit stehenzubleiben, sondern eine gute Zukunft zu ermöglichen. So gehört zu meinen schönsten Seelsorgeerfahrungen die Vorbereitung und Feier von Taufen: Auch da sind Träume ein wichtiges Thema – nämlich die Zukunftsträume und Hoffnungen der Familien; die Wünsche und Träume für das beginnende Leben.

Christliche Rituale verbinden in solchen Momenten von Trauer und Hoffnung die Vergangenheit und die Zukunft und sie begleiten Menschen an Übergängen des Lebens. Und so sind Träume für Seelsorge und Therapie nicht nur ein Mittel, dass Menschen sich selbst besser kennen- und akzeptieren lernen; sondern sie lehren auch, dass es mehr gibt, als die gegenwärtige, physische Welt. Mag man das nun Traumwelt, Transzendenz oder auch geistige Welt nennen.

Buchhinweis:

Ingrid Riedel, „Träume. Wegweiser in neue Lebensphasen“, Verlag Aira

Musik:

Daniel Barenboim/Klavier: „Nocturne für Klavier Nr. 11 in g-moll op. 37 Nr. 1: Andante sostenuto“ von Frederic Chopin
Label: DG 4151172