Randbemerkungen

Haben Sie Hegel? - Hegel. Nach dem hat ja schon lang keiner mehr gefragt... Da muss ich mal bei den Ladenhütern nachschauen... Auf den haben doch so viele geschimpft?! Was genau wollen Sie denn von dem? - Keine Ahnung. Ich fang gerade erst an, Hegel zu lesen. Vielleicht „Phämon... Phänomenologie des Geistes“? - Moment..

Gedanken für den Tag 25.8.2020 zum Nachhören (bis 24.8.2021):

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Der knorrige Antiquar erhob sich, zog einen Vorhang zur Seite, kramte ein dünnes Bändchen aus einem Stapel hervor und hielt es mir vor die Nase: G.W.F. Hegel – Eigenhändige Randbemerkungen zur Rechtsphilosophie – Aus der Handschrift herausgegeben von Georg Lasson – erschienen in Leipzig 1930. - Das ist das einzige, was ich gerade da habe.

Alexander Tschernek Hegel Selbstgehegeltes

Romesh Phoenix

Der Schauspieler und Autor Alexander Tschernek

Selbstwiderlegung der Philosophie

Immerhin, denke ich. Es riecht nach altem Keller und ist tatsächlich NOCH NIE gelesen worden. Die Seiten in der alten, leicht bröseligen Broschur sind noch nicht einmal aufgeschnitten. 10 Euro will er dafür. Okay. Vielleicht ein guter Start für meine Hegel-Lektüre. Außerdem Randbemerkungen - Super, das kommt meiner zu Aphorismen neigenden Aufmerksamkeitsspanne entgegen. Später, zuhause, nachdem ich ein paar Seiten aufgeschnitten habe, fliegen mir sogleich einige Sätze und Gedanken entgegen, die mich neugierig machen: „Die Philosophie weiss am besten, dass die sogenannten blossen Begriffe etwas Nichtiges sind. Wesentlich ist deren Verwirklichung, Realisierung. Wirklichkeit ist nur diese Einheit des Innen und Außen.“

Hmmm... Interessant: die „blossen Begriffe sind etwas Nichtiges, wenn sie nicht verwirklicht und realisiert werden...“ – ...Ist das die „Selbstwiderlegung der Philosophie“, von der Hannah Arendt gesprochen hat? Mir ist noch nie in den Sinn gekommen, Begriffe zu verwirklichen...? Wie soll das gehen? Logos zu inkarnieren, das kann ich mir vorstellen – vielleicht meint Hegel das damit? Aber ich glaube, da verheddere ich mich nun etwas. Zum Hegeln braucht es mehr Zeit – und vor allem nicht nur Randbemerkungen zu etwas, was man nicht kennt. Aber für den heutigen Tag kann ich auf jeden Fall einmal den Gedanken im Herzen bewegen, dass die Wirklichkeit eine Einheit von Innen und Außen sein sollte, ... oder könnte.

Buchhinweis:

Wilhelm Weischedel , „Die philosophische Hintertreppe“, dtv 1977

Links:

Musik:

Carla Bley/Piano und Steve Swallow/Bass: „Ladies in Mercedes“ von Steve Swallow
Label: ECM 8373452