Jeder Mensch kennt das Heilige

Themen: Der Soziologe Hans Joas; Ayurveda im Weinviertel; Gespräch mit Mathilde Schwabeneder; Bibelessay von Regina Polak

Jeder Mensch kennt das Heilige – Der Soziologe Hans Joas

„Wir leben in einer Welt, in der vielen Religion und damit auch der christliche Glaube als etwas Rückständiges erscheint. Das finde ich ungerecht gegenüber sehr vielen Gläubigen. Ich will zeigen, dass das Vorurteile sind. Man kann gleichzeitig ein kluger Zeitgenosse sein und ein gläubiger Christ.“ Das sagte der renommierte Berliner Soziologe Hans Joas in einem Interview mit der „Zeit“.

Lebenskunst
Sonntag, 30.8.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Hans Joas wurde im November 1948 in München geboren. Der heute 71-jährige Wissenschaftler gilt als einer der profiliertesten deutschen Soziologen und Sozialphilosophen, er forscht und lehrt an der Humboldt-Universität in Berlin. Seinen soziologischen Forschungen zufolge haben selbst Menschen, die einen Gottesglauben ablehnen, einen Hang zur sakralen Verehrung. Nach Joas‘ Überzeugung kennt jeder Mensch das Heilige, auch wenn er gar nicht religiös ist. Menschen gelangen in intensiven Erlebnissen zur Erfahrung, aus dem Alltag oder den bisherigen Grenzen der Person herausgerissen zu werden, durch etwas, das sie tief in ihrem Kern berührt. Was ist Menschen heute noch heilig? Und: Was glaubt Hans Joas selbst? Johannes Kaup hat mit dem Soziologen und Sozialphilosophen gesprochen.

Ayurveda im Weinviertel – Indische Heilkunst für bessere Ernährung

Um das „Wissen vom Leben“ geht es in der indischen Heilkunst Ayurveda, so wird der Begriff aus dem Sanskrit übersetzt. Versucht man die Ursprünge von Ayurveda zurückzuverfolgen, begegnet man Legenden über göttliche Offenbarungen des Wissens an Asketen im Himalaya-Gebiet. Diesen Legenden nach sollen meditierende Menschen von manchen Heilige genannt, nach den Ursachen von Krankheiten gesucht und in einem höheren Bewusstseinszustand Eingebungen aus dem Kosmos erhalten haben.

So gesehen basiert die Entstehung der Jahrtausende alten Gesundheitslehre auf einem spirituellen Hintergrund, der in den vergangenen Jahrzehnten auch Europa erreicht hat. Nach dem Prinzip „Körper entgiften und Seele reinigen“ gibt es mittlerweile auch hierzulande viele Angebote. Kerstin Tretina hat den Ayurveda-Verein Nexenhof im niederösterreichischen Weinviertel besucht, um dort mehr über ayurvedische Ernährungsweisen und Kochkünste zu erfahren.

Italienische Assoziationen im Gmundner Toscanapark – Gespräch mit Mathilde Schwabeneder

Himmel und Wasser sind von einem tiefen Blau. Die dreieckigen weißen Segel der Boote wirken wie Schmetterlingsflügel. Schon als Kind hatte die in Wels in Oberösterreich geborene Mathilde Schwabeneder Sehnsucht nach dem Süden, nach dem Meer. Doch nun denkt sie beim Anblick der Boote auf dem Traunsee mehr an die Flüchtlingsboote im Mittelmeer, erinnert sich an den Besuch von Papst Franziskus in Lampedusa. Italien! An der römischen Universität La Sapienza promovierte Mathilde Schwabeneder zur Dottoressa der Geisteswissenschaften, in den 1990er-Jahren arbeitete sie in der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, danach beim ORF (Religion, Radio & TV).

Mathilde Schwabeneder Toscana-Park Gmunden

ORF/Maria Harmer

Mathilde Schwabeneder, Toscanapark, Gmunden

Nach der Jahrtausendwende kehrte die Mutter eines erwachsenen Sohnes wieder zurück in die „Ewige Stadt“, als Korrespondentin und Leiterin der ORF-Außenstelle, die für die Berichterstattung aus Italien, dem Vatikan und Malta zuständig ist. Jahrelang kommentierte Mathilde Schwabeneder Live-Übertragungen aus Rom, Höhepunkte waren die Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul II., die Amtseinführung von Papst Benedikt XVI. und die mediale Begleitung von Papst Franziskus, über den sie ein Buch geschrieben hat. Nun ist die Oberösterreicherin – schwer vorstellbar, doch zumindest was den ORF anbelangt – im sogenannten Ruhestand und in ihre Heimat zurückgekehrt. Maria Harmer hat sie dort an einem ihrer Lieblingsorte zum Gespräch getroffen.

Wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden - Bibelessay zu Matthäus 16,21-27

Ein, wie es scheint, hartes Jesus-Wort wird in jenem Bibelabschnitt zitiert, der für Sonntag, 30. August, in katholischen Gottesdiensten vorgesehen ist, aufgeschrieben um 80/90 n.Chr. Was hier unter anderem thematisiert wird, ist die Bedeutung von Nachfolge, gerade auch in schwierigen Zeiten wie im ausklingenden ersten Jahrhundert. Die Theologin und Religionssoziologin Regina Polak, die sich für LEBENSKUNST dieses Textes angenommen hat, versteht Nachfolge nicht als Selbst-Aufgabe, sondern als Selbst-Hingabe und somit als spirituelle Erfahrung. Erst auf deren Basis könne daraus eine sinnvolle ethische Handlungs-Orientierung werden...

Bibelessay zu Matthäus 16,21-27

Redaktion & Moderation: Doris Appel

Lebenskunst 30.8.2020 zum Nachhören (bis 29.8.2021):

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Buchhinweise:

  • Renata Mörth, „zwischen lachen und weinen. Ayurvedische Kolumnen und andere Geschichten“, Ayurveda-Verein Nexenhof
  • Mathilde Schwabeneder, Esther-Marie Merz, „Franziskus - Vom Einwandererkind zum Papst“, Verlag Styria
  • Mathilde Schwabeneder, „Die Stunde der Patinnen. Frauen an der Spitze der Mafia-Clans“, Verlag Styria
  • Mathilde Schwabeneder, Karim El-Gawhary, „Auf der Flucht. Reportagen von beiden Seiten des Mittelmeers“, Verlag Kremayr & Scheriau
  • Mathilde Schwabeneder, „Sie packen aus: Frauen im Kampf gegen die Mafia“, Verlag Molden, September 2020

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