Vatikan: Kammerdiener aus Haft entlassen

Der Ende Mai festgenommene Kammerdiener des Papstes steht nur noch unter Hausarrest, teilte Vatikan-Sprecher Lombardi mit.

Nach einer weiteren Befragung Gabrieles am Samstag sei eine Untersuchungshaft nicht weiter nötig, sagte Lombardi vor Journalisten. Der frühere päpstliche Kammerdiener werde nun „mit seiner Familie wohnen“. Er dürfe sein im Vatikanstaat gelegenes Haus aber nur verlassen, um zum Gottesdienst zu gehen.

Lombardi bei PK

Foto: EPA/MASSIMO PERCOSSI

Vatikan-Sprecher Lombardi bestätigt, dass der Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele aus der Haft in den Hausarrest entlassen wurde

Zeitung berichtet über weitere Verdächtige

Neben Gabriele könnten drei weitere Mitarbeiter des Papstes ins Visier der vatikanischen Ermittler geraten sein. Nach Angaben der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ (Montagsausgabe) handelt es sich um die Papst-Beraterin Ingrid Stampa, die seit Jahren dessen Bücher redigiert, den italienischen Kardinal Paolo Sardi und den deutschen Bischof Josef Clemens.

Naheverhältnis zum Papst

Die drei Verdächtigten standen sowohl dem Papsts, als auch Kammerdiener Gabriele nahe. Sie wurden von den vatikanischen Justizbehörden und der Kommission aus drei Kardinälen befragt, die in der Enthüllungsaffäre ermitteln. „Alle drei werden jetzt vom Papst fern gehalten. Stampa kümmert sich nicht mehr um die Schreiben des Papstes. Außerdem hat Benedikt XVI. die Treffen mit Clemens abgesagt. Sardi ist aus Altersgründen zurückgetreten“, schrieb „La Repubblica“.

Angriff auf Kardinalstaatssekretär

Warum die drei Mitarbeiter des Papstes Gabriele bewogen haben sollen, die vertraulichen Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen, ist noch unklar. Laut dem Blatt geht es hauptsächlich um Neid und um Kritik gegen den vatikanischen Staatssekretär, Tarcisio Bertone, der beschuldigt wird, zu viel Macht angesammelt zu haben. Die Attacke richte sich auch gegen den Papst-Sekretär, Bischof Georg Gänswein, der in den Strudel eines deutschen Konflikts im Vatikan geraten sei, so „Repubblica“.

Als Einzelperson gehandelt

Gabrieles Anwalt Carlo Fusco versicherte jedoch, sein Mandant habe keinem größeren „Netzwerk“ oder einer „Verschwörung“ innerhalb oder außerhalb des Kirchenstaats angehört. Er habe allein aus „Liebe“ zum Papst gehandelt und um diesem zu helfen. Es sei ihm darum gegangen, die katholische Kirche „lebendiger“ zu machen. „Er hat aus Idealismus heraus gehandelt“, sagte der Anwalt. Gabriele habe den Wunsch geäußert, Papst Benedikt XVI. um Verzeihung für seine Taten zu bitten.

Begnadigung durch Papst möglich

Nach Angaben von Vatikan-Sprecher Lombardi wird spätestens Anfang August darüber entschieden, ob Gabriele der Prozess gemacht wird. Im Fall einer Verurteilung wegen schweren Diebstahls drohen dem Familienvater bis zu sechs Jahre Haft. Da Gabriele mit den Ermittlern kooperiert haben soll, könne er nach Medienberichten mit einem milden Urteil rechnen. Auch eine Begnadigung durch den Papst ist nicht ausgeschlossen.

(APA/dpa/religion.ORF.at)