Israel: Streit über Wehrpflicht für orthodoxe Juden

Israels Regierungskoalition streitet über die Wehrpflicht für ultraorthodoxe Juden.

In der erst kürzlich vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu geschlossenen Regierungskoalition ist eine hitzige Debatte darüber entbrannt, ob orthodoxe Juden sich weiterhin vom Wehrdienst befreien lassen können.

Netanjahu hat am Dienstag einen parlamentarischen Ausschuss zur Ausarbeitung eines neuen Wehrpflichtgesetzes wegen schwerwiegender Meinungsverschiedenheiten aufgelöst. Die Kadima-Partei, Netanjahus wichtigster Koalitionspartner, droht jetzt mit einem Austritt aus der Regierung. Wenn Netanjahu sein Versprechen nicht halte, werde es zu einer schweren Krise kommen und es könne keine weitere Partnerschaft geben, sagte Kadima-Chef Schaul Mofas laut einem Bericht der Zeitung „Yediot Ahronot“.

Wehrdienstgesetz verfassungswidrig

Bis zum 1. August muss die Regierung ein neues Gesetz zur Wehrpflicht ausarbeiten. Ein befristetes Gesetz hatte das Oberste Gericht im Februar für verfassungswidrig erklärt. Die speziellen Regelungen für ultraorthodoxe Religionsstudenten verletzten den Grundsatz der Gleichheit, lautete die Begründung des Gerichts.

Betender Ultra-Orthodoxer Jude

EPA/Abir Sultan

Als ultraorthodoxer Jude konnte man sich bisher vom Wehrdienst befreien lassen.

Seit über 60 Jahren muss die große Mehrheit der ultraorthodoxen Juden (Haredim) keinen Wehrdienst leisten. Der israelische Staatsgründer Ben Gurion vereinbarte Ende der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit den Haredim, dass diese, wenn sie ihr Leben religiösen Studien widmen wollten, nicht im Heer dienen müssten. Betraf diese Regelung ursprünglich nur 400 Männer, sind mittlerweile über 60.000 Ultraorthodoxe von der Wehrpflicht befreit.

Frage der israelischen Araber

Neben den Haredim sind in Israel auch Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft vom Dienst in der Armee ausgenommen. Diesen Umstand führte Außenminister Avigdor Liebermann, Vorsitzender der nationalreligiösen Partei Israel Beitenu, in der Debatte ins Treffen Er forderte, die arabischen Israelis ebenso in die Pflicht zu nehmen wie die Haredim. Der parlamentarische Ausschuss unter der Leitung des Kadima-Abgeordneten Yohanan Plesner hat für nicht-jüdische Staatsbürger allerdings nur einen verpflichtenden Zivildienst vorgesehen.

Kadima-Vorsitzender Mofas will trotz der Intervention Netanjahus und der vorangegangenen Diskussionen am ursprünglichen Plan festhalten. Der Ausschuss werde am Mittwoch seine Empfehlung abgeben, sagte Mofas.

(Red. / APA)