Bielefeldt: „Kirche bei Religionsfreiheit auf Tauchstation“

Evangelikale und Bahai seien aktiver in NGOs als Katholiken, kritisiert der Menschenrechtsexperte.

Ein mangelhaftes Engagement im Einsatz für die Menschenrechte hat UNO-Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt der katholischen Kirche bei einer Podiumsdiskussion in Salzburg vorgeworfen. Insbesondere beim Thema Religionsfreiheit gehe die Kirche „immer mehr auf Tauchstation. Heute sind Evangelikale und Bahai aktiver in NGOs als Katholiken“, konstatierte der an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Experte am Mittwoch im Rahmen der „Salzburger Hochschulwochen“.

Populismus „ernste Gefahr für Demokratie“

Auch wenn sich die Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) als „Anwältin der Menschenrechte“ verstehe, so leide ihre Glaubwürdigkeit doch nicht zuletzt auch daran, dass sie in ihren eigenen Reihen keine Geschlechtergerechtigkeit zulasse.

Heiner Bielefeldt

dapd/Henning Kaiser

UNO-Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt

„Das Konzil war ein Durchbruch, aber seither geht die Kirche bei Religionsfreiheit zunehmend auf Tauchstation“, so Bielefeldt. Er äußerte sich in diesem Zusammenhang auch zur weiterhin schwelenden Beschneidungsdebatte: Diese führe vor Augen, „wie Religionskritik in Deutschland immer mehr in Populismus abgleitet“. Populismus sei jedoch eine ernste Gefahr für die Demokratie, da er mit der „Sehnsucht nach Eindeutigkeit“ und der „Verweigerung von Komplexität“ einhergehe. Die Folge seien etwa „aggressive Entliberalisierungsversuche“, denen widerstanden werden müsse.

Umgang mit struktureller „Asymmetrie“

Mit Bielefeldt diskutierte der Münchener Soziologe und Herausgeber des „Kursbuches“, Armin Nassehi. Dieser verwies auf die Fähigkeit der katholischen Kirche, mit Asymmetrien in ihrer eigenen Struktur - etwa einer starken Hierarchie auf der einen Seite und einer Basis-Orientierung auf der anderen Seite - umzugehen. „Demokratisierungen sind nötig“ aber nicht Grundbedingung für die Zukunftsfähigkeit der Kirche, so Nassehi unter Verweis auf große Wirtschaftsunternehmen oder Universitäten, die ebenfalls hierarchisch strukturiert blieben.

Die „Salzburger Hochschulwochen“, die heuer unter dem Motto „verantworten“ stehen, dauern noch bis 12. August. Sie enden am Sonntag mit einem Festgottesdienst im Salzburger Dom (8.30 Uhr) und einem anschließenden Festakt und Abschlussvortrag des Münsteraner Kirchenhistorikers Hubert Wolf. Dem Gottesdienst wird der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, vorstehen. Die Predigt hält der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser.

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