Kirchliche Kritik an „Pussy-Riot“-Urteil

Russisch-orthodoxe Kirche bittet um „Milde im Rahmen der Gesetze“, für Katholiken ist das Urteil „inakzeptabel“.

Während Russland die internationale Kritik an dem Urteil für die drei Punkmusikerinnen mit dem Verweis auf die Rechtslagen in anderen Ländern zurückweist, ziehen die kritischen Stimmen immer weitere Kreise.

Russich-orthodoxes Patriarchat für Milde

Die russisch-orthodoxe Kirche hatte die Behörden nach dem Urteilsspruch um „Milde im Rahmen der Gesetze“ für die drei zu je zwei Jahren Lagerhaft verurteilten Punkmusikerinnen gebeten. „Ohne die Rechtmäßigkeit des Gerichtsbeschlusses in Frage zu stellen, wende man sich an die Staatsmacht mit der Bitte, Gnade walten zu lassen“, heißt es auf der Internetseite des Moskauer Patriarchats. „Dies sei mit der Hoffnung verknüpft, dass die drei Frauen künftig von gotteslästerlichen Handlungen lassen würden.“

Die drei jungen Musikerinnen Marija Aljochina, Jekaterina Samuzewitsch und Nadeschda Tolokonnikowa hatten im Februar mit einem „Punk-Gebet“ in der orthodoxen Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau gegen eine Wiederwahl Wladimir Putins als Staatspräsident protestiert. Am Freitag wurden sie wegen „Rowdytums aufgrund von Religionshass“ zu zwei Jahren Straflager verurteilt.

Kritik auch von katholischer Seite

Wie die katholische Menschenrechtsexpertin Ingeborg Gabriel am Sonntag

Ingeborg Gabriel bei einer Rede

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Ingeborg Gabriel

gegenüber „Kathpress“ betonte, verstoße dieses Urteil gegen die Menschenrechte. Die katholische Kirche habe die Menschenrechte am Zweiten Vatikanischen Konzil anerkannt und damit das Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit. Sie habe zudem viel zu ihrer Durchsetzung in den ehemals kommunistischen Ländern beigetragen. Gleiches gelte heute in Asien und Afrika. „Das Urteil gegen Pussy Riot ist daher aus Sicht der katholischen Kirche inakzeptabel“, so Gabriel.

Russlands Regierung wies indirekt Kritik aus westlichen Ländern am Urteil gegen Pussy Riot zurück. Der Sprecher des Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, sagte am Samstag der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti, auch in wesentlichen Ländern gebe es Strafbestimmungen für die Störung von Religionsausübung.

Über das System nachdenken

Zum Urteil gegen drei Mitglieder der russischen Punkband Pussy Riot schreibt die Moskauer Tageszeitung „Wedomosti“ am Montag: „Man muss sowohl über die Qualität des Staates als auch über die Qualität seiner Institutionen nachdenken, vor allem der Justiz, und die Beziehung zwischen Staat und orthodoxer Kirche (...). Und auch über die Einstellung der russischen Gesellschaft zu moderner Kunst und die Wahrnehmung der Religion, über das politische System, das Wladimir Putin und seine Helfer geschaffen haben, darüber wie es funktioniert, welche Prioritäten die politischen Führer setzen und letztlich die Mittel, mit denen sie diese Prioritäten durchsetzen. In der Zukunft geht die Diskussion darum, was für eine Regierungsform das neue, schon nicht mehr postsowjetische Russland haben möchte.“

APA/KAP/dpa

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