Papst will im Libanon „Schrei nach Frieden“ ausstoßen

Der am 14. September beginnende Libanon-Besuch von Papst Benedikt XVI sei als „Akt großen Mutes und großer Hoffnung“ aufzufassen.

Vatikansprecher Federico Lombardi vor einem Gemälde von Papst Benedikt XVI.

EPA/Massimo Percossi

Vatikansprecher Lombardi betont die Wichtigkeit des Engagements für die syrischen Christen

Die erschütternden Vorgänge in Syrien machten ein Engagement der Kirche für die christlichen Bevölkerungsgruppen noch viel dringlicher, betonte Vatikansprecher Federico Lombardi im vatikanischen TV-Wochenprogramm „Octava Dies“. Immer mehr syrische Christen fliehen in den Libanon, weil sie ein ähnlich schreckliches Los befürchten wie das ihrer Glaubensbrüder im Irak nach der US-Invasion.

In Syrien sind bereits Zehntausende Christen von islamistischen Aufständischen, die vor allem von Saudi-Arabien und Katar unterstützt werden, vertrieben worden. Ihre Wohnungen und Häuser wurden geplündert und zerstört. Zugleich verschärft die Syrien-Krise den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Letztere sind im Libanon in der Mehrheit.

Maroniten größte christliche Gemeinschaft

Der Libanon hat für die vatikanische Politik und für die Präsenz des Christentums im Orient eine entscheidende Bedeutung, weil er das einzige nahöstliche Land ist, in dem die Christen nicht in einer hoffnungslosen Minderheitenposition sind. Die Maroniten, mit einem Drittel der Bevölkerung die stärkste christliche Gemeinschaft im Libanon und seit über 400 Jahren mit Rom uniert, stellen traditionell den libanesischen Staatspräsidenten. Die Schiiten, obwohl zahlenmäßig die größte Bevölkerungsgruppe, haben nur Anspruch auf den Parlamentsvorsitz.

Zu Beginn steht die feierliche Unterzeichnung des von Israel als pro-arabisch kritisierten Abschlussdokuments der Nahost-Bischofssynode vom Oktober 2010 auf der Agenda des Papstes. Die Unterzeichnung wird am Freitagabend in der Basilika von Harissa, einem Wallfahrtsort oberhalb von Jounieh, erfolgen. Die Synode hatte vor zwei Jahren in einem Appell an die Vereinten Nationen die „Beendigung der Okkupation arabischer Gebiete“ und einen souveränen Staat für das palästinensische Volk gefordert.

Dialog mit Geistilichen und Jugendlichen

Am Samstag trifft der Papst im Präsidentenpalast Baabda in Beirut mit Staatspräsident Michel Sleimane, Ministerpräsident Najib Mikati und Parlamentspräsident Nabih Berri zusammen. Nach dem Empfang durch die drei höchsten Repräsentanten des Staates ist eine Zusammenkunft des Papstes mit den Spitzenvertretern der islamischen Geistlichkeit vorgesehen.

Das Mittagessen nimmt Benedikt XVI. mit den Patriarchen der mit Rom unierten Kirchen des Nahen Ostens (Maroniten, Melkiten, Armenier, Syrer, Chaldäer) am Sitz des armenisch-katholischen Patriarchen Nerses Bedros XIX. Tarmouni in Bzommar, nordöstlich von Beirut, ein. Am Abend soll eine Begegnung des Papstes mit circa 20.000 Jugendlichen am Sitz des maronitischen Patriarchats in Bkerke, zehn Kilometer nördlich von Beirut, stattfinden.

Am Sonntagmorgen wird der Papst in der Hauptstadt eine Messe zelebrieren. 350.000 Teilnehmer werden erwartet. Bevor Benedikt XVI. am Abend nach Rom zurückkehrt, trifft er am Sitz des syrisch-katholischen Patriarchen Mar Ignatius Youssif III. Younan in Charfet noch mit Vertretern der Ökumene zusammen.

Papstbesuch mit positiver Grundhaltung erwartet

Der maronitische Patriarch Bechara Boutros Rai erhofft sich vom Papstbesuch „neue Kräfte, um die großen Schwierigkeiten zu bewältigen“. Rai hatte wiederholt die Befürchtung ausgedrückt, dass ein Zusammenbruch des syrischen Regimes die christlichen Minderheiten großen Gefahren aussetzen würde.

Der Franziskaner-Obere im Heiligen Land, Pater Pierbattista Pizzaballa, zeigte sich unterdessen besorgt über die Lage in Syrien. „Die Situation ist außer Kontrolle“, sagte er laut Kathpress. Die Entwicklung in Syrien sei entscheidend für die Zukunft des Nahen Ostens sowie der dortigen Christen. Alle Gruppierungen und Bewegungen sähen den Libanon-Besuch des Papstes mit einer „positiven Grundhaltung“. Der Libanon sei immer ein „Modell“ für den Nahen Osten gewesen, und Pluralität und Koexistenz spielten auch weiter eine Rolle.

(APA/AFP)