Theologisches Studium für Kopten in Wien

Wien hat mit dem „Pope Shenouda College“ ab sofort eine theologische Ausbildungsstätte für koptische Christen. Die ersten 15 Studenten haben bereits mit einem Bachelorstudium begonnen.

Bei der feierlichen Eröffnung am Wochenende in der koptisch-orthodoxen Kathedrale in Wien-Donaustadt sagte der koptische Bischof für Österreich, Anba Gabriel, die Errichtung der Akademie sei ein Herzenswunsch des heuer verstorbenen Papst-Patriarchen Schenuda (Shenouda) III. gewesen.

Das Programm der achtsemestrigen Bachelor-Ausbildung für vorläufig 15 Studierende sehe nicht nur Wissensvermittlung, sondern ebenso eine intensive Verbindung mit der christlichen Spiritualität vor, sagte Gabriel in seiner Funktion als Rektor. Dem Lehrkörper gehören unter anderem auch Theologen aus Deutschland und Italien an.

Tradition in der Diaspora bewahren

Der syrisch-orthodoxe Chorbischof Emanuel Aydin - er ist Mitbegründer und Vizerektor der neuen Akademie - verwies auf die dramatische Emigrationsbewegung der orientalischen Christen in den letzten 50 Jahren. Diesen gehe es darum, auch in der Diaspora ihre religiöse und kulturelle Tradition zu bewahren. Voraussetzung dafür sei die Einrichtung entsprechender Bildungszentren. Auf Grund der politischen Situation im Nahen Osten könnten solche Zentren derzeit nur in Europa entstehen, sagte Aydin.

Wien als Dialog-Standort besonders geeignet

Wien habe sich als Standort angeboten, weil es hier bereits seit den 1970er Jahren durch die Initiativen von Kardinal Franz König und die Tätigkeit der Stiftung „Pro Oriente“ einen intensiven Dialog mit den orientalisch-orthodoxen Kirchen gibt. Diese Kirchen sind als gleichberechtigte Partnerinnen auch im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) vertreten.

Papst Shenouda III. bei einer Messe.

Reuters/Nasser Nuri

Die neu gegründete Ausbildungsstätte ist nach dem im März 2012 verstorbenen koptischen Papst Shenouda III. benannt.

Bischof Tawadros - einer der möglichen Kandidaten für die Nachfolge von Papst-Patriarch Schenuda III. - erinnerte bei der Eröffnung der neuen Bildungseinrichtung an die theologische Tradition der koptischen Kirche. Alexandrien sei in der Antike das wichtigste Wissenschafts- und Bildungszentrum der Mittelmeerwelt gewesen. Akademische Bildung sei neben Märtyrertum und Mönchtum eine von drei Säulen der koptischen Kirche.

Ausbildung im Aufbau

Namens des Kultusamtes begrüßte Ministerialrat Anton Stifter die koptische Initiative, wies aber auch daraufhin, dass es bis zur staatlichen Anerkennung - wie bei allen anderen privaten Initiativen in diesem Bereich - „einige Zeit dauern“ könne. Es werde klein angefangen, erklärt Stifter auch im Gespräch mit religion.ORF.at, eine koptisch-theologische Fakultät könne sich aber durchaus entwickeln.

„Pro Oriente“-Präsident Hans Marte betonte bei der Eröffnung des Kollegs die jahrzehntelange enge Verbindung zwischen der ökumenischen Stiftung und Schenuda III. - „einer herausragenden Persönlichkeit der Christenheit“. Noch als Bischof habe Schenuda den entscheidenden Anstoß für die 1971 beim inoffiziellen theologischen Dialog zwischen katholischen und orientalisch-orthodoxen Theologen erarbeiteten „Wiener christologischen Formel“ gegeben, die sich als „Meilenstein“ des ökumenischen Dialogs erweisen sollte.

(religion.ORF.at/KAP)

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