Neues Blasphemie-Gesetz für Russland

In Russland soll die Schändung von Kirchenräumen künftig mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können. Ein entsprechender parteiübergreifender Gesetzesentwurf wurde am Mittwoch ins Parlament eingebracht.

Russland will die Verletzung religiöser Gefühle künftig als Verbrechen bestrafen. Laut dem Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für religiöse Organisationen, Jaroslaw Nilow, sieht der Entwurf für die Schändung und Zerstörung religiöser Gegenstände und Einrichtungen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 12.400 Euro und bis zu fünf Jahre Haft vor. Die Beleidigung religiöser Gefühle solle mit bis zu 7.450 Euro Geldstrafe und bis zu drei Jahre Haft geahndet werden, sagte Nilow der Agentur Interfax am Mittwoch.

Die geplante Verschärfung begründete der Politiker der rechtspopulistischen Liberaldemokraten mit der Ermordung von islamischen Geistlichen und einer Serie von Angriffen auf christliche und jüdische Gotteshäuser.

Verschärftes Strafrecht gefordert

Am Dienstag hatte das Parlament, die Duma, die Morde an zwei islamischen Geistlichen in den südrussischen Regionen Tatarstan und Dagestan sowie die Schändung von Kirchen und Synagogen verurteilt. Zugleich beklagten die Abgeordneten eine Zunahme von religiöser Verunglimpfung und Gewalt gegen Glaubensgemeinschaften. Solche Angriffe zielten auf eine Destabilisierung Russlands. In einer Entschließung sprachen sich die Parlamentarier für eine Verschärfung des Strafrechts aus.

Anhänger der russich-orthodoxen Kirche protestieren gegen Pussy Riot

EPA / Yuri Kochetkov

Harte Strafen für Pussy Riot forderten Anhänger der Russich-Orthodoxen Kirche. Ein neues Gesetz soll solche in Zukunft möglich machen.

Kirchenkreise und kremltreue Politiker hatten in den letzten Wochen kritisiert, dass für Taten wie die von Pussy Riot ein neues Gesetz geschaffen werden müsse. Bisher kann die Beleidigung religiöser Gefühle Medien zufolge nur als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern bis zu 1.000 Rubel (25 Euro) geahndet werden.

Kritik von Medien und Opposition

Der Kreml begrüßte die Initiative als Folge des Pussy-Riot-Auftritts vom Februar. Drei Frauen der Skandalgruppe waren wegen „Rowdytums aus religiösem Hass“ am 17. August zu je zwei Jahren Straflager verurteilt worden. In dem international kritisierten Fall hatten Juristen unter anderem auch bemängelt, dass die Anklage wegen Rowdytums eine „Notkonstruktion“ gewesen sei, weil die Musikerinnen in der Erlöserkathedrale nichts zerstört hatten.

Wer künftig zum Beispiel einen Koran verbrennt oder eine Ikone schändet, wird nach dem neuen Gesetz als Verbrecher verurteilt. Neben Haft und Geldstrafen sieht das Gesetz auch bis zu 400 Stunden gemeinnützige Arbeit vor.

Die Opposition bezeichnete die Gesetzesinitiativen der vergangenen Monate als unrechtmäßig. Die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ warnte auf ihrer Titelseite vor einer Rückkehr in einen mittelalterlichen Kirchenstaat. Die Tageszeitung „Kommersant“ gab am Donnerstag zu bedenken, dass sich das Gesetz zum Schutz religiöser Gefühle auch gegen jene orthodoxen Aktivisten selbst richten könnte, die Vertreter kleinerer Religionen immer wieder als Sekten bezeichnen.

APA/KAP / dpa