Kurt Krenn: Streitbarer „Vertreter der Wahrheit Gottes“

Nach langer, schwerer Krankheit ist der frühere Diözesanbischof von St. Pölten, Kurt Krenn, gestorben. Krenn galt als in Glaubensfragen konservativ und fiel besonders durch seine provokanten Äußerungen auf - er selbst bezeichnete sich als „Vertreter der Wahrheit Gottes“.

Als „streitbarer Bischof“ bleibt der Kirchenmann, der stets für Kontroversen sorgte, in Erinnerung. Seine gesamte Amtszeit war überschattet von heftigen Kontroversen um seine Person, seinen Stil und viele seiner Aussagen. Krenn legte sich sowohl mit Laien als auch mit kirchlichen Amtsträgern an und war Dauergast in den Medien. Der „Vertreter der Wahrheit Gottes“, wie sich Krenn selbst bezeichnete, wetterte gegen den Islam, Abtreibung und Scheidungen und schätzte Jörg Haider.

Kurt Krenn

APA/ORF/Ali Schafler

Kurt Krenn: „Wer mich einen Lügner nennt, der ist selber ein Lügner.“

Krenn war im März 1987 von Papst Johannes Paul II. zum Wiener Weihbischof ernannt worden. Am 15. September 1991 übernahm er von Franz Zak die Leitung der Diözese St. Pölten, die er bis zur Emeritierung am 7. Oktober 2004 innehaben sollte.

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Sendungshinweis

Kurt Krenn ist tot - „Orientierung“ am Sonntag, 26.01.2014, 12.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung am 26.01.2014, 15.00 Uhr, ORF III

Bis zu seinem Tod lebte er zurückgezogen in der niederösterreichischen Landeshauptstadt. Nach Angaben der mittlerweile verstorbenen Sekretärin Krenns, Jutta Kern, aus dem Jahr 2010 gegenüber DiePresse.com sei der Altbischof seit Jahren im Rollstuhl gesessen und habe an Depressionen gelitten.

Jugend

Krenn wurde am 28. Juni 1936 in Rannariedl in Oberösterreich als zweites von sechs Kindern des Ehepaares Karl und Leopoldine Krenn geboren. Nach der Matura am Realgymnasium in Schlierbach trat er 1954 in das Priesterseminar Linz ein und studierte in Linz und Rom Theologie und Philosophie. In der „Ewigen Stadt“ wurde Krenn am 7. Oktober 1962 auch zum Priester geweiht. In einer Pfarre bei Rom startete er seine Tätigkeit als Seelsorger.

Bischof Kurt Krenn 2001 mit Weinglas in der Hand

APA/Günter R. Artinger

Kurt Krenn 2001

Es folgten Studienaufenthalte in Tübingen und München und Lehrtätigkeiten in Linz, St. Pölten sowie - über Jahre zeitgleich mit Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI. - an der Universität Regensburg. 1970 bis 1975 war Krenn Professor der Philosophie in Linz und 1974 bis 1975 auch Lehrbeauftragter an der Hochschule St. Pölten. 1975 wurde er auf den Lehrstuhl für systematische Theologie nach Regensburg berufen. Am 7. März 1987 erfolgte seine Ernennung zum Weihbischof von Wien - eineinhalb Monate später die Weihe. Schon der Weg zum Stephansdom wurde ihm durch protestierende Jungkatholiken erschwert.

Polarisierender Hirte

Während seiner 13-jährigen Tätigkeit als Bischof von St. Pölten taten sich mehrere Fronten auf. Er vertrat einen harten, konservativen Kurs. Die Affäre um Kinderpornos und Homosexualität im St. Pöltener Priesterseminar, die Krenn zunächst als „Bubendummheit“ abtat, läutete das Ende Krenns als Oberhirte ein. De facto wurde er der Leitung der Diözese am 20. Juli 2004 mit der Einsetzung eines Apostolischen Visitators - Klaus Küng, der letztlich sein Nachfolger wurde - enthoben.

Kurt Krenn 2004

APA/Günter Artinger

Am „Runden Tisch“ des ORF sagte Krenn 1993, bevor er über die Richtigkeit seines Weges nachdenke, „müsste eher der liebe Gott abdanken“.

Widerstand gegen und Konflikte mit Krenn waren aber weit über St. Pölten hinausgegangen. Auslöser dafür war in erster Linie der Fall des früheren Wiener Erzbischofs Kardinal Hans Hermann Groer, gegen den im Frühjahr 1995 Vorwürfe laut geworden waren, er habe in seiner früheren Tätigkeit als Erzieher Buben sexuell missbraucht. Die nie wirklich aufgeklärten Anschuldigungen führten zur Absetzung Groers. Die Folge war die schwerste Krise der katholischen Kirche in Österreich nach 1945. Auf das daraufhin initiierte „Kirchenvolks-Begehren“ reagierte die Amtskirche mit dem „Dialog für Österreich“.

Starke Worte

Krenn lehnte beides ab, versagte aber Groer im Gegensatz zu seinen Amtsbrüdern niemals die Unterstützung. Im Juli 2000 erklärte Krenn den „Dialog für Österreich“ für tot: „Ich bin froh, dass dieser Dialog faktisch tot ist. Es konnte ja auch gar nichts herauskommen, weil die Forderungen des Kirchenvolks-Begehrens schlicht unkatholisch sind.“

1998 war die Kirchenkrise dann Thema bei einem Besuch der österreichischen Bischöfe in Rom. Dabei berichteten die Bischöfe dem Papst über die Situation in ihren Diözesen. Dort kam es zum offenen Konflikt: Krenn sagte - sehr zum Ärger des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn, dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz - er kenne den Bericht der Bischöfe nicht. Schönborn widersprach, Krenns Reaktion war heftig: „Mir genügt’s, wenn die Lügner das Maul halten.“

Krenn selbst hat Kritik an seiner Person stets zurückgewiesen. Streitbar zu sein, gehöre für ihn zum „Wesen eines vernünftigen Menschen“, sagte er einmal.

Mut und Geradlinigkeit

Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn hat den verstorbenen Altbischof Kurt Krenn als Menschen bezeichnet, dessen Wirken „zu manchen Kontroversen geführt“ habe. „Freunde wie Gegner“ hätten jedoch „seinen Mut und seine Geradlinigkeit anerkannt“, wurde Schönborn am Samstagabend von Kathpress zitiert.

„Er hat sich nie gescheut auch schwierige Themen und das Widerständige der kirchlichen Lehre gegen den Mainstream zu argumentieren und zu verteidigen“, so der Kardinal. Auf diese Weise habe Bischof Krenn immer wieder gerade für Menschen, die seiner Glaubensüberzeugung fern standen, ein „spannender Gesprächspartner“ sein können.

Die österreichischen Bischöfe werden am Montag bei der Messe im Petersdom für den verstorbenen beten und seiner gedenken, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz.

Handschlagqualität

Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll würdigte Bischof Krenns „Handschlagqualität“. „Die Zusammenarbeit der Diözese und des Landes Niederösterreich fand unter Krenn auf sehr korrekte Weise statt. Bischof Krenn war geprägt durch hohen Intellekt und durch starke Werthaltung, der er in kontroversiellen Diskussionen Ausdruck verlieh. Er respektierte die klare Trennung zwischen Kirche und Staat und prägte dadurch in Niederösterreich eine kooperative Linie beider Institutionen“, heißt es in der Würdigung des Landeshauptmanns. Der verstorbene St. Pöltner Bischof sei „ein streitbarer Mann der Kirche mit Handschlagqualität“ gewesen, so Pröll.

Streitfall Priesterseminar

Der St. Pöltner Bischof Klaus Küng, Nachfolger Kurt Krenns in der westniederösterreichischen Diözese, erinnerte, dass ein besonderes Anliegen des Verstorbenen der Nachwuchs und die Ausbildung der Priester gewesne sei. Deshalb galt sein Augenmerk ganz besonders der Theologischen Hochschule und dem Priesterseminar. „Es ist tragisch, dass gerade letzteres zum großen Streitfall wurde und schließlich als gescheitert angesehen werden musste. Das war sicher die schlimmste Enttäuschung von Bischof Krenn“, so Küng.

religion.ORF.at/APA/KAP

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