Vatikan hält am Zölibat fest

Pater Hermann Geißler erläutert, warum die Aufhebung des Zölibats „undenkbar“ ist. Und dass es keinen Spielraum in der Frage nach der Priesterweihe für Frauen gibt.

Das Festhalten von Papst Benedikt XVI. am Zölibat stimme mit den Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils und aller nachfolgenden Päpste überein und eine Aufhebung sei auch in Zukunft undenkbar. Das hat Pater Hermann Geißler, Leiter der Abteilung für Lehrfragen in der vatikanischen Glaubenskongregation, in einem Interview in den „Salzburger Nachrichten“ (Montag) betont. Zur Rolle der Frau sagt der Theologe, ihre Bedeutung in der Kirche sei groß und könne teils noch wachsen, nicht jedoch in der Frage des Weiheamtes.

Der Zölibat als „Stachel im Fleisch“

Der Zölibat habe in der lateinischen Kirche einen „großen Wert“ und wird somit nicht aufgegeben werden, so der aus Tirol stammende Geißler mit einem Verweis auf die Lebensweise Jesu. „Die Priester sind gerufen, sich ganz zu verschenken, ganz für die Kirche da zu sein. Nicht zuletzt ist der Zölibat ein Stachel im Fleisch der säkularen Gesellschaft und ein ‚Zeigefinger‘ nach oben: Vergesst nicht euren Gott; vergesst nicht die andere Welt, für die es sich lohnt, das ganze Leben aufs Spiel zu setzen.“

Keinen Spielraum für Änderungen sieht der Kurienmitarbeiter auch in der Frage des Frauenpriestertums. Wenn Papst Johannes Paul II. es als „unabänderliche Lehre“ bezeichnet habe, dass die Kirche endgültig nicht die Macht für die Weihe von Frauen besitze, bestätige dies bloß die Lehre und Tradition der Kirche seit deren Anfängen. Zwar habe es weibliche Diakone in der frühen Kirche durchaus gegeben, doch seien sie nicht im Sinne des sakramentalen Amtsdiakonats tätig gewesen, sondern etwa in der Caritas oder als Helfer bei Taufen. Auch ein Konzil könne diese Grundsatzfrage nicht ändern, so Geißler.

„Auslegungen des Konzils oft subjektiv“

Die Kirche werde durch ein Konzil keine andere und auch der Glaube nicht. Anliegen des Zweiten Vatikanums war laut Geißler die Fortentwicklung der Lehre der Kirche und deren Erneuerung zugleich, und es habe besonders im Kirchenbild vieles vertieft. „Gekommen ist aber nicht wenig Unsicherheit und Verwirrung, gerade in Blick auf die Struktur der Kirche, auf Beziehung zwischen Laien und Priestern, zwischen Lokal- und Universalkirche“, so Geißler, der Mitglied der geistlichen Gemeinschaft „Das Werk“ ist.

Besonders die Ideologie der 68er-Bewegung habe die Rezeption des Konzils erschwert: „So manche meinen, die Konzilstexte seien nicht wichtig, der Geist des Konzils müsse weitergehen, und dieser Geist hatte oft eine sehr subjektive Färbung.“ Kritische Phasen habe es historisch nach Konzilen öfters gegeben - etwa nach dem Konzil von Nicäa, das die Lehre des Arianismus zurückwies, die sich in den Folgejahrzehnten dennoch weiter ausbreitete.

Dokumente neu lesen

Persönlich scheint es dem Kurienbediensteten wichtig, die Dokumente des Zweiten Vatikanums wieder neu zu lesen und als Wegweisungen für die Erneuerung der Kirche in ausgewogener Weise umzusetzen. Handlungsbedarf in der Umsetzung der Texte bestehe derzeit vor allem in dem Punkt, dass Gläubige „das Wort Gottes und die Liturgie in ihrer innersten Bedeutung erfassen, als Kirche leben und Sauerteig in der Welt sind“.

Als derzeit großes Thema der Glaubenskongregation nennt Pater Geißler das Problem der selbstgemachten Vorstellung von Jesus, der nicht als menschgewordener Sohn Gottes gesehen wird. „Es geht heute nicht so sehr um ‚Jesus ja - Kirche nein‘, sondern um ‚Jesus ja - Christus nein‘. Doch erst wenn Jesus von Gott kommt wird verständlich, dass das Christentum nicht nur eine unter anderen Religionen ist, sondern die Antwort auf das menschliche Suchen nach Gott.“ Die von ihm gegründete Kirche sei dann nicht nur Menschenwerk, sondern Gottes Werk, schließt der Theologe. Die neue Bewusstmachung dieses inneren Kerns des christlichen Glaubens sei eine der Hauptaufgaben des „Jahr des Glaubens“.

KAP

Mehr dazu:

Zölibat: Verwaltungsvorschrift mit Ausnahmen
(religion.ORF.at, 11.9.2013)
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(religion.ORF.at, 10.9.2013)