Thema der Weltbischofssynode: Evangelisierung

Eine Evangelisierung sei nur durch persönlichen Einsatz möglich. Der Familie und den Pfarrgemeinden komme dabei eine besondere Rolle zu, aber auch dem Dialog mit Andersgläubigen.

Der maronitische Patriarch Bechara Rai erhofft sich vom jüngsten Papstbesuch im Libanon Impulse für einen „christlichen Frühling“ und für einen „echten Arabischen Frühling“. Dieser sollte - mit Gottes Hilfe und im Zuge einer Neuevangelisierung - zu Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden und Achtung, Menschenwürde sowie gegen jede Form von Gewalt und Rechtsverletzung führen. Das sagte Rai am Wochenende vor der im Vatikan tagenden Weltbischofssynode.

Der maronitische Bischof Bechara Rai

Ansa/Piotr Spalek

Der maronitische Patriarch Bechara Rai. Die maronitische Kirche ist eine mit Rom unierte Kirche, die den Papst als Oberhaupt anerkennt. Sie gehört zu den größten und ältesten Religionsgemeinschaften des Libanons.

Evangelisierung durch soziale Arbeit

Eine Evangelisierung könne im Nahen Osten nur indirekt und im Rahmen eines interreligiösen Dialogs erfolgen, führte Rai aus, der vom 14. bis 16. September Gastgeber der Papstes in Beirut war. Sie finde vor allem durch Sozialarbeit in den katholischen Schulen, Universitäten oder Krankenhäusern von einzelnen Diözesen oder Ordensgemeinschaften statt, die für Christen wie für Muslime offen seien.

In den Magreb-Staaten werde der christlich-islamische Dialog allerdings durch fundamentalistische Strömungen im Islam erschwert, hielt der algerische Bischof Paul Desfarges bei der Bischofssynode fest. Probleme ergäben sich aber auch aufgrund der „eigentlich erfreulichen“ Situation von Konversionen. Denn Muslime, die zum Christentum übertreten, würden von ihren Familien ausgestoßen und müssten in äußerster Diskretion leben, berichtete der Bischof von Constantine am Freitag in Rom.

Interreligiöser Dialog als Begegnung mit den Menschen

Evangelisierung wie auch interreligiöser Dialog beschränkten sich in den Maghreb-Staaten auf einen „Dialog des Lebens“, hob der Jesuitenbischof hervor. Die alltäglichen zwischenmenschlichen Begegnungen bildeten die erste Evangelisierung, denn in ihnen komme die gute Botschaft von der universalen Brüderlichkeit zum Ausdruck. „Somit leben wir den interreligiösen Dialog vor allem als Begegnung mit den Menschen“, sagte Desfarges. Interreligiöser Dialog bestehe also im gemeinsamen Leben von Gläubigen, die in ihren Glauben blieben, sagte der Bischof.

Volksfrömmigkeit wichtig für Evangelisierung

Zuletzt hoben lateinamerikanische Synodenmitglieder bei der Bischofsversammlung hervor, dass Volksfrömmigkeit und auch Wallfahrten ein wichtiger Weg der Neuevangelisierung sei können. Jedoch dürften sie nicht von Folklore, von „Nebensächlichem“ oder gar von einem Synkretismus überlagert sein, betonte der kolumbianische Erzbischof Jose Octavio Ruiz Arenas, Sekretär des Päpstlichen Neuevangelisierungsrates, am Samstag. Vielmehr müssten sie „gereinigt“ und von „kirchlichem Geist beseelt“ sein.

Ähnlich äußerte sich Kardinal Odilio Scherer von Sao Paolo, der die hohe Bedeutung von Heiligtümern als Orten des Glaubens unterstrich. Er empfahl, aus den Erfahrungen früherer Evangelisierungen zu lernen und besonders deren Heilige zu Vorbildern zu nehmen.

Bedeutung der Familie

Als wesentliches Element der Neuevangelisierung bezeichneten mehrere Synodale die katholische Soziallehre und den Einsatz für Gerechtigkeit. Dieses Engagement sei eine wichtige „Tür zur Evangelisierung“, betonte der Kardinalpräsident des päpstlichen Sozialrates, Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson. Er plädierte dafür, der Soziallehre mehr Gewicht in den katholischen Ausbildungsgängen einzuräumen. Zudem sollten Möglichkeiten der ökumenischen und interreligiösen Zusammenarbeit im sozialen und karitativen Sektor intensiver genutzt werden.

Der rumänische Bischof Petru Gherghel hob, wie weitere Synodenväter am Samstagvormittag, die besondere Rolle der Familie für die Evangelisierung hervor. Er berichtete, dass es während der kommunistischen Kirchenverfolgung gerade die Familien gewesen seien, die den Erhalt und die Weitergabe des Glaubens ermöglichten. Auch Bischof Jose Nambi von Kwito-Bie in Angola sprach sich für eine Förderung der Familien als wichtigen Akteuren der Neuevangelisierung aus. In seinem Land habe es bereits vor 500 Jahren die erste Missionierung gegeben. Heute sorge sich die Kirche über die Abwanderung von Gläubigen an Sekten.

Rolle der Pfarrgemeinden

Nach den Worten des ukrainisch-katholischen Großerzbischofs Swjatoslaw Schewtschuk sind die Pfarrgemeinden ein zentraler Ort für christliche Erziehung und für die Weitergabe des Glaubens. Besondere Verpflichtungen kämen dabei auf die christlichen Familien zu, betonte das Oberhaupt der mit Rom unierten Ostkirche am Freitag vor der Bischofssynode im Vatikan. Bereits vor ihm hatten mehrere Synodenbischöfe die herausragende Rolle der Pfarren bei der Neuevangelisierung unterstrichen.

Der Erfolg einer Neuevangelisierung hänge maßgeblich von der Kompetenz und der Glaubwürdigkeit der Evangelisierenden ab, lautete eine wiederholte Feststellung in den Synodenberatungen. Trotz mancher Schwierigkeiten im kirchlichen Leben und trotz Priestermangels dürften die Anforderungen an Geistliche und ihre Ausbildung nicht heruntergeschraubt werden, sagte Kurienkardinal Mauro Piacenza von der Kleruskongregation.

Die Weltbischofssynode zum Thema Neuevangelisierung war vergangenen Sonntag mit einer Messe des Papstes eröffnet worden. Sie endet am 28. Oktober. Nach Abschluss der ersten Phase der Generaldebatten, in denen jeder Synodale einen fünfminütigen Wortbeitrag leisten kann, tritt die Synode ab kommenden Donnerstag in zwölf kleinen Sprachgruppen zusammen. Dort soll die Sacharbeit gemeinsam mit den Experten und Beobachtern vertieft werden, bevor die Synodalen in der dritten Synodenwoche wieder im Plenum zusammentreten.

KAP