2,5 Millionen Muslime auf Pilgerfahrt nach Mekka

Zwischen 24. und 29. Oktober führt die einmal im Jahr stattfindende große Pilgerfahrt (Hadsch) über 2,5 Millionen Muslime aus allen Teilen der Welt im saudi-arabischen Mekka zusammen.

Neben 1,6 Millionen Pilgern aus dem Ausland werden 750.000 aus dem Königreich Saudi-Arabien selbst erwartet, in dessen Westen die traditionelle Pilgerstätte liegt. Der Hadsch gehört neben dem Glaubensbekenntnis, dem wohltätigen Spenden, dem täglichen Gebet und dem Fasten zu den zentralen Glaubenspflichten für Muslime, den fünf Säulen des Islam.

Jeder Muslim, der gesund ist und es sich leisten kann, sollte einmal im Leben nach Mekka pilgern. Nach erfolgreichem Abschluss darf man den Ehrennamen Hadsch tragen. Der Hadsch findet jährlich vom achten bis zum zwölften Tag des Monats Dhu l-Hadsch statt.

Herausforderung für Sicherheitskräfte

Diese Zeit stellt die saudischen Sicherheitskräfte alljährlich vor große Herausforderungen. Die saudiarabischen Behörden mobilisieren 25.700 Sicherheitskräfte. Zudem halten sich rund hundert Teams des Zivilschutzes und 20.000 Mediziner bereit, um den Pilgern bei Gesundheitsproblemen zu Hilfe zu kommen. 1987 wurden 402 Pilger bei Auseinandersetzungen zwischen Iranern und Saudi-Arabern getötet. 2006 kamen 364 Pilger bei einer Massenpanik ums Leben. Die Pilgerstätten wurden seither ausgebaut.

Luftbild der großen Moschee in Mekka.

Reuters/Amr Dalsh

Die Bilder der zahllosen, in Weiß gekleideten Pilger in der großen Moschee in Mekka gehen alljährlich um die Welt

Weil Mekka jedes Jahr während des Hadsch überlaufen ist, gibt die saudi-arabische Regierung Visa nur sehr restriktiv aus: Pro 1.000 muslimische Einwohner eines Landes wird nur ein Visum ausgestellt. Auch heuer kommen die meisten ausländischen Wallfahrer aus Indonesien: Rund 200.000 Gläubige reisen aus dem Inselstaat an.

Für den Hadsch gilt eine Reihe von Ritualen, die streng eingehalten werden müssen, da die Pilgerreise sonst ungültig im Sinn der Glaubenspflicht wird. Die meisten Pilger reisen daher in Gruppen und lassen sich von kundigen Pilgerführern anleiten und begleiten.

Nach Mekka im Weihezustand „Ihram“

Die Pilgerreise beginnt mit dem Eintritt in den Weihebezirk etwa 20 Kilometer rund um Mekka, der für Nicht-Muslime tabu ist. Die Pilger versetzen sich in den Weihzustand („Ihram“): Die Pilger vollziehen eine rituelle Waschung („Ghusl“), legen ihr Pilgergewand an und bekunden ihre innere Absicht („Niyya“), den Hadsch zu machen.

Muslime beten in einem Flugzeug.

Reuters/Shamil Zhumatov

Heute wird der Übertritt in den Weihebezirk meist im Flugzeug vollzogen, der Zeitpunkt wird an Bord bekanntgegeben

Männer tragen zwei ungesäumte, weiße Tücher. Frauen bedecken ihren Körper und ihre Haare, nur die Hände und das Gesicht müssen frei bleiben. Durch diese einheitliche, einfache Kleidung soll die Gleichstellung aller Gläubigen vor Gott und dem jüngsten Gericht – ungeachtet der Klasse und Herkunft – symbolisiert werden.

Danach beten die Pilger zwei Gebetseinheiten („Raka“). Während des gesamten Hadsch ist es verboten, sich zu rasieren, das Haar und die Fingernägel zu schneiden und Parfüm zu benutzen. Während des Weihezustands bis zum Ende des Hadsch dürfen Muslime nicht heiraten und keinen Geschlechtsverkehr haben. Auch Auseinandersetzungen, Provokationen und das Töten von Tieren, beispielsweise auf der Jagd, sind verboten.

Siebenmal um die Kaaba, Wasser aus dem Zamzam

Der erste Weg in Mekka führt die Wallfahrer in die Al-Masdschid al-Haram, die große Moschee, in deren Innenhof die Kaaba steht. Dort laufen die Pilger siebenmal spiralförmig gegen den Uhrzeigersinn um die Kaaba, bis sie den schwarzen Stein erreichen, der in ihre Ostseite eingelassen ist. Dieser Lauf heißt „Tawaf“.

Die Kaaba in der großen Moschee  in Mekka.

Reuters/Hassan Ali

Die Kaaba, ein riesiger, mit einem schwarzen Vorhang („Kiswa“) umhüllter Kubus, in dessen Seite der „schwarze Stein“, ein Meteorit, eingemauert ist, wurde laut dem Koran vom Propheten Ibrahim und seinem Sohn Ismael errichtet

Nach einem persönlichen Gebet trinken die Pilger Wasser aus dem Zamzam-Brunnen. Dieser Brunnen soll an jener Stelle stehen, aus der Gott nach islamischer Überlieferung Wasser sprudeln ließ, um Hagar und ihren Sohn Ismael vor dem Verdursten zu retten, nachdem Abraham (Arabisch: Ibrahim) sie in Mekka zurückgelassen hatte. Der verzweifelten Wassersuche Hagars wird auch beim nächsten Pilgerritual gedacht: Wie Hagar laufen die Wallfahrer siebenmal zwischen den beiden Hügeln Safa und Marwa hin und her, begleitet von Gebeten. Dieses Ritual heißt „Sa’i“.

Spiritueller Höhepunkt beim Berg Arafat

Nach diesen Vorbereitungen beginnt die eigentliche, gemeinschaftliche Wallfahrt am 8. Dhu al-Hidscha mit dem „Lauf nach Mina“, einem Ort östlich von Mekka, wobei der „Lauf“ heute meist in Bussen absolviert wird. Dort verbringen die Pilger einen ganzen Tag, vom Mittagsgebet („Zuhr“) bis zum Morgengebet („Fadschr“) am darauffolgenden Tag.

Luftbild vom Berg Arafat, auf dem Pilger beten.

ddp images/AP Photo/Hasan Sarbakhshian

Die Besteigung des Berges in Arafat stellt den spirituellen Höhepunkt der Pilgerreise dar

Am 9. Dhu l-Hidscha geht es in der Morgendämmerung zum nahe gelegenen Berg Arafat, wo die Pilger bis zum Sonnenuntergang bleiben. Es ist die Zeit für persönliche Gebete in der Muttersprache, für Bitte um Vergebung der Sünden und für die völlige Hingabe an Allah. Spirituell gilt der Aufenthalt auf und um den Berg Arafat, einer etwa 70 Meter hohen Granitformation, als Höhepunkt des Hadsch. Auf diesem Berg soll Gott Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies und einer 200 Jahre währenden Trennung wieder zusammengeführt haben.

Symbolische Steinigung des Teufels

Die Nacht verbringen die Pilger unter freiem Himmel im Nachbarort Muzdalifa. Noch vor Sonnenaufgang, nach dem Morgengebet („Fadschr“) machen sich die Pilger wieder Richtung Mina auf. Spätestens jetzt sollten alle mindestens sieben Steinchen für die „Steinigung des Teufels“ gesammelt haben.

Pilger werfen Steine auf eine Mauer.

Reuters/Ali Jarekji

Mit Kieselsteinen werfen die Pilger auf eine Wand, die symbolisch für den Teufel steht

Dieses Ritual wird heute auf der Dschamarat-Brücke absolviert, wo die Pilger den Teufel symbolisch steinigen, indem sie sieben Steinchen - oder ein Vielfaches davon: 49 oder 70 - gegen eine Wand werfen, die den Satan repräsentiert. In früheren Zeiten waren es statt der Wand drei Säulen, die „Dschamarat al-Akaba“ (Säulen von Akaba).

Opferfest als Abschluss

Am 10. Dhu l-Hadsch bringen die Pilger in Mina ein Tieropfer dar. Das ist auch der Auftakt zum „Id al-Adha"(Opferfest), das alle Muslime weltweit gleichzeitig feiern. Das Fleisch wird teils selbst gegessen, teils spendet man es Bedürftigen. Das rituelle Opfer eines Tieres oder eines Stückes Fleisch ist wichtiger Bestandteil der Feierlichkeiten. Mit dem Tieropfer wird der Bereitschaft Ibrahims gedacht, seinen Sohn Ismael für Gott zu opfern. Muslime glauben im Unterschied zu Christen, dass nicht Isaak, sondern Ismael Gegenstand von Gottes Prüfung war.

Auch in Österreich begeht ein großer Teil der über 500.000 Muslime das Opferfest (türkisch: Kurban Bayram, bosnisch: Kurban Bajram). Meist übernehmen türkische Supermarktketten den gesamten Schlachtablauf - vom Kauf des Tieres bis zur Bearbeitung des Fleisches, von dem ein Teil an Arme und Bedürftige abgegeben werden muss. Mit diesem Brauch werfen die Daheimgebliebenen auch ein spirituelles Band zu den Mekka-Pilgern. Das in Mekka geopferte Fleisch wird übrigens eingefroren und in ärmere muslimische Länder verschickt.

religion.ORF.at, APA