Erster Wahltag für koptischen Patriarchen

2500 Geistliche leiten den ersten Durchgang zur Wahl des Oberhaupts der koptischen Christen in Ägypten ein. Die fünf Kandidaten werden zunächst auf auf drei eingeschränkt - dann entscheidet das Los.

Vertreter der koptischen Christen in Ägypten leiten am Montag die Wahl des Nachfolgers des im März verstorbenen Oberhaupts, Patriarch Schenuda III., ein. Fünf Kandidaten - zwei Bischöfe und drei Mönche - treten für das Amt an. Dem Wahlkollegium gehören etwa 2500 Mitglieder an, außer Geistlichen auch Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Namen der drei Bestplatzierten kommen in eine Dose auf den Altar der Markus-Kathedrale in Kairo. Am kommenden Sonntag zieht ein Kind mit verbundenen Augen den Namen des künftigen Patriarchen.

Wählbar als Shenoudas Nachfolge sind Bischöfe und Mönche, die älter als 40 Jahre sind. Die koptischen Traditionen sehen zudem vor, dass der Kandidat mindestens 15 Jahre in einem Kloster gelebt hat. Am 18. November soll der neue Patriarch in sein Amt eingeführt werden. Die Kopten machen etwa zehn Prozent der 83 Millionen Ägypter aus, die zum größten Teil muslimische Sunniten sind.

die fünf Kandidaten für das Amt des koptischen Papst-Patriarchen in Ägypten.

Reuters/Mohamed Abd El Ghany

Die derzeit noch fünf Kandidaten für das Amt des koptischen Patriarchen: v.l. die Mönche Bachomius, Rafael, und Seraphim, sowie Bischof Raphael und Bischof Tawdros.

Auch der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, nimmt an der Abstimmung in Kairo teil. Mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sprach er vor dem ersten Wahlgang an diesem Montag über die größten Herausforderungen für das künftige Kirchenoberhaupt.

Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland Anba Damian.

dapd/Sascha Schuermann

Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland Anba Damian.

Situation der koptischen Christen in Ägypten ernst

Damian sagte in dem Interview, der neue Patriarch solle jemand sein, der die Identität der Kopten stärkt, die Ökumene fördert, aufgeschlossen ist und einen vernünftigen Dialog mit den Muslimen führt. „Die Lage der Kopten ist im Moment sehr ernst. Seit dem Arabischen Frühling ist es mit den Übergriffen immer schlimmer geworden. Deshalb brauchen wir nicht nur einen Theologen, sondern auch einen tröstenden Vater“, so Damian.

Denn nach der Wahl eines ägyptischen Präsidenten aus den Reihen der Muslimbrüder sei unter den Ministern ist nur eine Christin und alle neu ernannten Chefredakteure staatlicher Medien seien Muslime. „Wir haben das Gefühl, dass Präsident Mohammed Mursi uns nur dann entgegenkommt, wenn er unsere Unterstützung braucht. In der Not können wir auf ihn nicht zählen“.

Im Alltag habe sich einiges verändert, berichtet Anba Damian. „Viele fühlen sich bedroht - vor allem Frauen und Mädchen, weil sie kein Kopftuch tragen. Immer wieder kommt es zur Vertreibung koptischer Familien aus Städten und Dörfern: ihre Häuser werden in Brand gesetzt, sie verlieren ihr ganzes Hab und Gut“. Inzwischen seien Zigtausende bereit, Ägypten zu verlassen. „Sie haben eine gute Ausbildung und versuchen, zu Verwandten ins Ausland zu kommen“.

Auch der österreichische koptische Bischof stimmt in Kairo ab

Bei der Abstimmung über die Nachfolge des verstorbenen Papstes der koptischen Kirche, Patriarch Schenuda III., nimmt auch der koptisch-orthodoxe Bischof in Wien, Bischof Anba Gabriel, teil. Der seit 2004 amtierende Bischof wird voraussichtlich bis zur endgültigen Entscheidung am Sonntag in Kairo bleiben, wie der Sprecher der koptischen Kirche Österreichs, Ragaie William Tadros, am Montag auf APA-Anfrage mitteilte.

Papst Shenouda III. starb am 17. März diesen Jahres im Alter von 88 Jahren. Er galt als 117. Nachfolger des heiligen Markus und war seit 1971 Oberhaupt der koptischen Kirche. Österreich hatte Shenouda 1998, 2003 und 2004 besucht. Erst Anfang Februar wurde ihm der „Kardinal-König-Preis“ 2012 zugesprochen. Die koptische Diözese in Österreich zählt derzeit zwischen 5.000 und 6.000 Anhänger, rund 3.000 davon leben in Wien. Wien ist auch der Sitz des seit 2004 amtierenden Bischofs Anba Gabriel. Seit dem Jahr 2003 gilt die koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich als gesetzlich anerkannte Kirche.

AFP/dpa/APA