Der Adventkranz aus dem Wagenrad

Am Sonntag beginnt für die Christen der Advent. Die erste Kerze auf dem traditionellen Adventkranz wird entzündet. Doch woher der Brauch mit Kranz und Kerzen eigentlich kommt, ist weitgehend unbekannt.

Für Katholiken und Protestanten markiert der Vorabend zum ersten Adventsonntag auch den Beginn eines neuen Kirchenjahres. Der Advent gilt als eine Zeit der Stille und Besinnung. Das Wort kommt vom lateinischen „adventus“ und bedeutet „Ankunft“. Die Vorbereitungszeit auf Weihnachten ist theologisch mit der Erinnerung an die Geburt Jesu in Bethlehem und das Erwarten seiner Wiederkunft am Ende der Zeit verbunden.

Die Länge der Adventzeit hat sich im Laufe der Geschichte gewandelt. Während man im 5. Jahrhundert in Jerusalem nur einen einzigen Adventsonntag feierte, hat Papst Gregor der Große (590 bis 604) die Zahl der Adventsonntage auf vier festgelegt. Die sich über vier Sonntage erstreckende Adventzeit wurde erst 1570 durch Papst Pius V. allgemein verbindlich. Nur in der Erzdiözese Mailand werden auch heute noch sechs Adventsonntage gefeiert.

Der Vater des Adventkranzes

Nur noch vier Kerzen brennen auch auch auf den heute so populären Adventkränzen. Der Kranz ist die Erfindung eines norddeutschen evangelischen Theologen und Sozialpioniers. Johann Wichern (1808 bis 1881), der auch als Begründer der evangelischen „Inneren Mission“ und damit der Vorläuferin der heutigen evangelischen Diakonie gilt, stellte den ersten Adventkranz 1839 in Hamburg auf.

Um den Kindern außerdem die Wartezeit auf Weihnachten zu verkürzen, stellte Wichern der Erzählung nach 1839 erstmals einen hölzernen, wagenradgroßen Leuchter mit einer Kerze für jeden Tag der Adventzeit auf und schuf damit den ersten Adventkranz. Je nach Lage des Weihnachtsfests im Jahreskalender wechselte die Anzahl der Kerzen. Wichern sah vier große, weiße Kerzen für die Adventsonntage vor, dazwischen 18 bis 24 kleine rote Kerzen für die Werktage bis einschließlich 24. Dezember.

Der so genannte Wichern Adventskranz.

dapd/ Jens Koehler

Der Bootsbaumeister Robert Schneider aus Greifswald hat den „Wichern-Adventkranz“ nachgebaut

Wenige Jahre zuvor hatte Wichern vor den Toren der norddeutschen Hansestadt ein kleines Bauernhaus für verwahrloste und verwaiste Kinder aus den Elendsvierteln der Stadt eingerichtet, das sogenannte „Rauhe Haus“. Der Pädagoge vollzog mit seiner Einrichtung, die in den Folgejahren stetig wuchs, eine Abkehr von den damals üblichen „Erziehungskasernen“. Die ihm anvertrauten Kinder wuchsen stattdessen in Familien von zehn bis zwölf Kindern auf, die jeweils ein eigenes Haus bewohnten.

Symbole für Sieg und Hoffnung

Der Kranz war schon in der Antike - meist aus Lorbeer - ein Symbol des Sieges. Wichern könnte an den Sieg Christi über Sünde und Tod gedacht haben. Das Licht symbolisiert Hoffnung und die Abwehr des Bösen, da es die Dunkelheit vertreibt. Es liegt also nahe, dass der Theologe in seinen sogenannten Kerzenandachten in der dunklen Winter- und Adventzeit ein wenig Licht ins Leben seiner Schützlinge bringen wollte.

Von Norddeutschland setzte sich der Adventkranz nach und nach in der evangelischen Kirche durch und fand allmählich auch seinen Weg in die Wohnzimmer - allerdings wesentlich kleiner und nur noch mit vier Kerzen für die Sonntage bestückt. In einer katholischen Kirche hing zum ersten Mal im Jahr 1925 ein Adventkranz, und zwar in Köln. In Österreich verbreitete sich der Brauch endgültig erst nach 1945.

Kranz-Trends

Ähnlich wie im benachbarten Bayern ist in Österreich der Kranz häufig in den liturgischen Farben - mit drei lila- und einer rosafarbenen Kerze - geschmückt. Die rosa Kerze wird am dritten Adventsonntag entzündet, der auch „Gaudete“ („Freuet euch“) genannt wird.

Eine Floristin bindet einen Gummibär-Adventkranz.

dapd/ Theo Heimann

Eine Berliner Floristin will den Adventkranz „versüßen“.

Weniger traditionell fallen da die Kreationen verschiedener Floristen und Künstler aus. In einem Berliner Blumengeschäft wird etwa der „Zocker-Kranz“ mit Poker-Utensilien dekoriert und der „Garn-Adventkranz“ mit Fäden aller Art verziert. Süßes Vergnügen verspricht die kalorienhaltigste der Kreationen: der „Gummibär-Adventkranz“ - mehr dazu in Adventkranz-Trends 2012 (salzburg.ORF.at; 30.11.2012)

religion.ORF.at/KAP