Eine Welt probt den Untergang
Weltuntergangsprophezeiungen sind so alt wie die Menschheit - die Reaktionen darauf reichen von Gleichgültigkeit über Furcht bis zur Hysterie. So wappnen sich manche mit selbstkonstruierten Überlebenskapseln für den Weltuntergang, in Argentinien wird sogar der Zugang zum Berg Cerro Uritorco gesperrt, um einen angekündigten Massensuizid zu verhindern. Die Mehrheit sieht dem Tag jedoch recht entspannt entgegen, wie aus einer repräsentativen GfK-Umfrage hervorgeht. Einige werden sich vielleicht sogar ein „Weltuntergangsfrühstück“ genehmigen, das in manchen Lokalen angeboten wird.
ORF
Immerhin neun Prozent von 1.000 befragten Österreichern fürchten sich aber doch vor dem Weltuntergang, weitere vier Prozent sogar sehr. Zehn Prozent der Interviewten meinen, dass es an dem prophezeiten Tag verheerende Amokläufe oder Terroranschläge geben könnte und sind überzeugt, dass es zu Massenmorden kommen wird. Letzteres beschäftige vor allem unter 30-Jährige und Menschen mit niedrigem Bildungsgrad, hieß es am Freitag in einer Aussendung der GfK.
Kinder stehen alleine da
Während sich Erwachsene im Allgemeinen rational gut gegen Horrorszenarien abgrenzen beziehungsweise entscheiden können, ob und welche Prophezeiungen sie glauben wollen, stehen Kinder diesen oft hilflos gegenüber. Sie können mit für sie schwer verständlichen Schlagworten etwa rund um den Maya-Kalender nicht viel anfangen - übrig bleibt oft Angst.
Mehr dazu:
Orientierung: Hype um „Weltuntergang 2012“ – ein Medienphänomen?
Der Religionspädagoge Martin Jäggle riet in der Ö1-Sendung „Erfüllte Zeit“ am 16.12.2012 dazu, Kindern ihre Ängste nicht auszureden, sondern sie diese ausleben zu lassen. Man dürfe die Kinder mit ihren Ängsten nicht alleine lassen, so Jäggle. Durch Darstellungen der Ängste, etwa im Spiel oder zeichnerisch, würden sie ausgelebt und somit handhabbar. Jäggle wies darauf hin, dass durch das Thematisieren der Angst diese nicht größer werde. Im Gegenteil. Erwachsene sollten den Kindern jedenfalls beistehen, so der Religionspädagoge.
Ein Kalender prophezeit nichts
Dass die Mayas selbst mit den Weltuntergangsszenarien, die auf ihrem Kalender aufbauen, nichts anfangen können, stört offenbar kaum jemanden. Für die Maya endet nämlich nicht die Welt, sondern ein Zyklus ihres Kalenders - die so genannte „lange Zählung“. Der deutsche Wissenschaftsjournalist Bernd Hader wies in der Ö1-Sendung „Tao“ vom 15.12.2012 darauf hin, dass ein Kalender nichts prophezeien könne, sondern lediglich Tage anzeige.
dapd/Norbert Millauer
Tatsächlich böte der Maya-Kalender keinerlei Anlass für Weltuntergangsstimmung, sagte auch der Maya-Experte Nikolai Grube von der Universität Bonn Montagabend bei der Diskussionsveranstaltung „Science Talk“ in Wien. Die Maya würden den 21. Dezember 2012 etwa so feiern, wie wir den Übergang von einem in das nächste Jahrtausend, so Grube. Denn an diesem Tag wäre das Ende des dreizehnten Vierhundertjahreszyklus (Baktun) erreicht, dann seien 5.200 Maya-Kalender-Jahre zu je 360 Tagen vergangen, was für die Maya zweifelsohne ein großes Ereignis sei, so der Experte.
Neuer Kalenderzyklus
Experten sind sich jedenfalls einig, dass die Endzeitvorstellungen von New-Age-Autoren der 1970er-Jahre stammen. „Dieser Weltuntergang der Maya ist in unseren Köpfen entstanden“, die westliche Welt habe ihn auf die Mayas projiziert, sagte Grube. Das Missverständnis sei, dass der Maya-Kalender nun aufhören würde. Das sei „Quatsch“, und es gebe zahlreiche Inschriften, die auf einen vierzehnten und fünfzehnten Baktun hinweisen, so Grube.
AP/Moises Castillo
Die guatemaltekische Nobelpreisträgerin Rigoberta Menchu hat übrigens kein Verständnis für die Weltuntergangshysterie. Sie bezeichnete die apokalyptischen Deutungen über das Ende des Maya-Kalenders als „merkantilistische Fälschungen“. Sie stellt klar, dass der 21. Dezember in der Maya-Tradition das Ende eines Zyklus, aber auch den Beginn einer neuen Zeit bedeute, die mit einer einschneidenden Umwandlung des Menschen in Verbindung stehe, sagte die prominente Maya-Vertreterin am Montag (Ortszeit) in der südmexikanischen Stadt Merida, wie die Zeitung „Excelsior“ berichtete. Es breche eine neue Zeitqualität an, bestätigt auch die Kultur- und Sozialanthropologin Johanna Glaser in „Tao“.
„Die Sensationsgier hat uns überwältigt, aber all diese Erwartungen werden glücklicherweise am 21. aufhören, am 22. Dezember werden wir, die Maya, sprechen können“, sagte Menchu auf dem Festival der Maya-Kultur im jüngst eingeweihten Maya-Museum in Merida in Yucatan. Die vergangenen Jahre hätten einen Lebensrhythmus mit sich gebracht, in dem die Menschheit durch konventionelle Kriege Kinder, Jugendliche und Frauen zu Opfern sozialer Gewalt gemacht habe, erklärte die Nobelpreisträgerin.
Weltuntergang als Lösung?
Das Spiel mit dem Weltuntergang sei Teil einer großen esoterischen Bewegung, die man auch als Wissenschaftskritik deuten könne, weil die großen Probleme dieser Welt bis jetzt von der Wissenschaft nicht richtig gelöst wurden, so Maya-Experte Grube. „Ich denke, dass gerade auch in esoterischen Kreisen Weltuntergänge immer wieder projiziert werden, weil sie Möglichkeiten bieten, eine große Lösung von außen zu erwarten.“
Am 21. Dezember werde es jedenfalls keine besondere Planetenkonstellation geben, sagte der Astronom und Wissenschaftsautor Florian Freistetter beim „Science Talk“. Die Planeten des Sonnensystems würden nicht, wie manchmal behauptet, alle in einer Reihe stehen, und die Wirkung der geballten Schwerkraft, die dabei entstünde, könne der Erde auch nichts anhaben. Der Mond habe jeden Monat mehr Einfluss auf die Erde, als ein solches Ereignis verursachen würde. Auch der Chefastronom des Vatikans beruhigte: Die Inversion der Magnetpole der Erde dürfte auch nicht bevorstehen und es werde am 21.12.2012 wohl keine Apokalypse geben.
Die nächsten Horrorszenarien werden nicht lange auf sich warten lassen, denn das kommende Jahr 2013 ist wegen der angeblichen Unglückszahl 13 bereits im Visier der „Propheten“.
religion.OF.at/APA/dpa