Deutsche katholische Kirche stoppt Missbrauchsstudie
Eineinhalb Jahre dauerte die Zusammenarbeit zwischen der deutschen katholischen Bischofskonferenz (DKB) und dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN). Am Mittwoch fand der Versuch, die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche wissenschaftlich aufzuarbeiten, ein vorläufiges Ende. Die Bischofskonferenz teilte in Bonn mit, dass sie vorzeitig den Vertrag mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer gekündigt habe.
Streit um Veröffentlichung der Ergebnisse
Zur Begründung erklärte ihr Missbrauchsbeauftragter, Triers Bischof Stephan Ackermann: „Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Direktor des Instituts und den deutschen Bischöfen ist zerrüttet.“ Vertrauen sei aber „für ein so umfangreiches und sensibles Projekt unverzichtbar“. Die Bischofskonferenz werde sich einen anderen Partner für das Projekt suchen.
dapd/Timur Emek
Der Streit zwischen Pfeiffer und den Bischöfen scheint sich vor allem um die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen zu drehen. Das Projekt sei „an den Zensur- und Kontrollwünschen der Kirche gescheitert“, so Pfeiffer zur „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Der Zeitung zufolge forderte der Verband der Diözesen Deutschlands Änderungen an den Vereinbarungen, wonach die Kirche letztlich darüber hätte bestimmen können, ob die Ergebnisse veröffentlicht worden wären. Pfeiffer sagte am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“, dies sei für am Projekt beteiligte Doktoranden „inakzeptabel“. Außerdem habe er Hinweise erhalten, dass in mehreren Diözesen Missbrauchsakten vernichtet worden seien, so Pfeiffer. Die Bischofskonferenz bestritt diese Vorwürfe.
Groß angelegte Studie
Die katholische Kirche in Deutschland hatte mit dem Forschungsprojekt auf den Missbrauchsskandal reagiert, der sie 2010 erschüttert hatte. Die sexuellen Übergriffe von Priestern und anderen Geistlichen vor allem aus den Jahren 1950 bis 1980 sollten wissenschaftlich analysiert werden. Dazu sollten Akten aller Diözesen teilweise seit Kriegsende auf Missbrauchsfälle untersucht und sämtliche Opfer schriftlich befragt werden. Zudem waren Interviews mit Opfern und Tätern geplant. Die Studie war bis 2014 angelegt.
Eineinhalb Jahre nach dem Startschuss des Projekts erklärte Bischof Ackermann aber: „Das Kommunikationsverhalten von Professor Pfeiffer gegenüber den kirchlichen Verantwortungsträgern hat leider einer weiteren konstruktiven Zusammenarbeit jede Vertrauensgrundlage entzogen.“ Ackermann zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass man „schon bald das Forschungsprojekt mit anderen Partnern in Angriff nehmen“ könne. Bereits in der nächsten Woche sollten dazu „die nötigen Gespräche“ geführt werden.
APA/dpa