Spiritueller Beistand für Soldaten

Die Militärseelsorge hat in Österreich lange Tradition und funktioniert in ökumenischer Zusammenarbeit. Sollte nach der Volksbefragung am Sonntag ein Berufsheer die Wehrpflicht ablösen, hätte das Einfluss auf die Arbeit der spirituellen Betreuer.

Wie die Volksbefragung zu Berufsheer oder allgemeiner Wehrpflicht am 20. Jänner 2013 auch ausgehen mag, die Militärseelsorge bleibt erhalten. Allerdings würde sich die Art der Seelsorge mit einem Berufsheer verändern. Durch das meist höhere Alter der Kadersoldaten und ihre Berufs- und Lebenserfahrung wären die Anliegen und Probleme andere als bei 18-jährigen Grundwehrdienern, führt der katholische Militärpfarrer Harald Tripp gegenüber religion.ORF.at aus. Das grundlegende System der Militärseelsorge werde sich jedoch nicht ändern, denn es gehe immer um die Vermittlung von Werten.

Die Sorge um den Weiterbestand des Bundesheeres bereite derzeit vor allem den älteren Kadersoldaten Probleme, denn mit der zum Teil langjährigen Tätigkeit sei freilich auch eine Identitätsbildung verbunden, sagte Karl Trauner, stellvertretender evangelischer Militärsuperintendent, im Gespräch mit religion.ORF.at. Wichtig sei, dass nach der Volksabstimmung rasch gehandelt werde, damit ein „In-der-Luft-hängen“ vermieden werde, fügt er hinzu.

Ökumenische Seelsorge wird ausgebaut

Die Militärseelsorge hat in Österreich bereits lange Tradition: Schon mit Beginn des 16. Jahrhunderts findet sich die Sorge der Kirche um den Berufsstand der Soldaten in Österreich institutionalisiert. In der k. u. k. Monarchie wurde auch für die seelsorgerische Betreuung muslimischer Soldaten gesorgt, ebenso für die Angehörigen orthodoxer Konfessionen. Derzeit werden Modelle ausgearbeitet, mit denen man diese Tradition wieder aufnehmen will.

Militärbischof Christian Werner segnet einen Grundwehrdiener

Österreichisches Militärordinariat

Militärbischof Christian Werner segnet einen Soldaten.

Neben der christlichen Militärseelsorge soll auch eine seelsorgerliche Betreuung für orthodoxe, islamische und jüdische Soldaten ermöglicht werden. Die orthodoxe Militärseelsorge befindet sich seit Juli 2011 in einem Probelauf und soll mit dem kommenden Jahr neu geregelt werden. Für muslimische Soldatinnen und Soldaten engagieren sich derzeit Imame, die die Soldaten ehrenamtlich betreuen. Auf Wunsch werden muslimische Soldaten zu diesen Ansprechpartnern gebracht. Geplant sei aber für 2013, zwei Stellen zu schaffen, die die muslimischen Soldaten in den österreichischen Kasernen betreuen, sagte Zekirija Sejdini, der Pressesprecher der IGGiÖ, im Oktober vergangenen Jahres.

Was bedeutet Militärseelsorge?

Die Aufgaben der Militärseelsorge seien anders geartet als die herkömmliche Gemeindeseelsorge, sagte Alexander Lapin, Militärseelsorger der orthodoxen Kirchen, anlässlich des Nationalfeiertags 2012 gegenüber religion.ORF.at. Die Zeit beim Bundesheer könne besondere, individuelle Fragen und Probleme aufwerfen, wie etwa Mobbing. Aber auch Fragen nach den Perspektiven im Leben oder die Zukunft nach dem Abrüsten würden thematisiert.

„Seelsorgerliche Begleitung bedeutet Zuhören, Teilen, Beraten, Hoffnung zu geben. Ziel ist es dabei, dem Suchenden und Fragenden das Angebot einer christlichen Sichtweise anzubieten, das Antwort gibt und die Vielfältigkeit des Lebens begreifen lernt“, heißt es bei der evangelischen Militärseelsorge auf der Website des Österreichischen Bundesheeres. Probleme gebe es vor allem in Bezug auf Auslandsaufenthalte und dadurch bedingte Beziehungsfragen.

„Lebenskundlicher Unterricht“

"Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und der Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei“, heißt es im Dokument „Gaudium et Spes“, das von der römisch-katholischen Kirche am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) beschlossen wurde. Da eine solche Aufgabe durchaus schwer wiegen kann, bieten katholische, evangelische und orthodoxe Seelsorger „Lebenskundlichen Unterricht“ für die Angehörigen ihrer Religion an.

Nur wenige würden sich von den gemeinsamen Gesprächsrunden abmelden, im Gegenteil: Es sei üblich, dass auch Nichtkonfessionelle und Angehörige anderer Religionen am „Lebenskundlichen Unterricht“ teilnehmen, so der evangelische Militärseelsorger Trauner. Derzeit liege der Schwerpunkt seiner Arbeit laut dem orthodoxen Seelsorger Lapin auf der „Positionierung der jungen Leute“ innerhalb der Gesellschaft.

Uniform auch für Seelsorger

Die katholische Militärdiözese wird von einem Militärbischof geleitet. In seinem Dienst stehen ihm der Militärgeneralvikar, beratende Gremien, Bischofsvikare, Militärpfarrer, Militärdiakone, Pastoralassistentinnen, Sekretäre und zahlreiche Laien zur Seite. Die evangelische Militärseelsorge besetzt österreichweit acht Posten. Die anderen Religionsgemeinschaften sind personell nicht so gut aufgestellt. So gibt es etwa für orthodoxe Soldaten bisher nur einen zuständigen Seelsorger, für muslimische Soldaten engagieren sich ehrenamtliche Mitarbeiter.

Feldmesse

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Militärseelsorger tragen Uniform, hier bei einer Feldmesse

Katholische und evangelische Militärseelsorger treten uniformiert in Erscheinung, da sie organisatorisch in die Strukturen des Bundesheeres eingegliedert sind. „Die Uniform, die sie tragen, bringt ihre Zugehörigkeit zu den Heeresangehörigen und damit die Solidarität mit ihnen zum Ausdruck“, heißt es auf der Homepage der Katholischen Militärseelsorge Österreichs.

Viel Energie für Auslandsseelsorge

Militärseelsorge wirkt auch dort, wo österreichische Truppen für den Frieden im internationalen Einsatz stehen. „Die Auslandsseelsorge beansprucht einen großen Teil der Arbeit“, sagt Trauner.

Ein katholischer Ansprechpartner sowie Psychologen begleiten diese Einsätze ständig, die evangelischen Militärseelsorger nach Bedarf. Für den katholischen Militärpfarrer Tripp liegt in den Auslandseinsätzen sogar die oberste Priorität der Militärseelsorge. Diese umfasse dabei die Betreuung der Soldaten im Ausland einerseits und deren Familien zu Hause andererseits, so Tripp.

Nina Goldmann, religion.ORF.at

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