Vatikan: Jährlich 600 neue Missbrauchsvorwürfe

Laut dem neuen vatikanischen Chefermittler für Misbrauchsfälle, dem US-Amerikaner Robert Oliver, erreichen den Kirchenstaat jährlich etwa 600 neue Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Geistliche.

Viele der neu aufgeworfenen Fälle stammten aus den 1960er, 1970er und 1980er Jahren, teilte der neue Chefermittler des Vatikan für Missbrauchsfälle, der US-Geistliche Robert Oliver, am Dienstagabend bei der Präsentation der Akten einer Bischofstagung an der Päpstlichen Gregoriana-Universität im Februar 2012 mit. Der bisherige Höhepunkt sei im Jahr 2004 mit 800 neuen Vorwürfen erreicht worden, sagte er.

Der neue Chefermittler des Vatikans für Missbrauchsfälle, Robert Oliver

REUTERS/Alessandro Bianchi

Er werde eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Kinderschändern verfolgen, sagte der neue Chefermittler für Missbrauchsfälle, Robert Oliver, am Dienstag.

Er werde nach dem Vorbild von Papst Benedikt XVI. eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Kinderschändern verfolgen, kündigte Oliver an. Nach seinen Angaben sind rund drei Viertel der 112 nationalen Bischofskonferenzen einem Aufruf des Papstes von 2011 nachgekommen und haben Richtlinien im Kampf gegen pädophile Priester ausgearbeitet.

Unterschiedliche Herangehensweisen

„Jede Kultur hat ihren eigenen Umgang mit den Problemen“, sagte Oliver weiter. Als Beispiel nannte er Südkorea, in dem Diskussionen über sexuellen Missbrauch Tabu sind. Vor allem in Afrika aber mit seinen „tausend Kulturen“ bleibe noch viel zu tun.

Oliver arbeitete bis Dezember für die Diözese Boston im Osten der USA. Dort wurde im Jahr 2002 ein großer Skandal um pädophile Priester enthüllt, die von der Kirche gedeckt worden waren. Sie wurden auch nach den Beschuldigungen in Positionen eingesetzt, in denen sie weiter Missbräuche begehen konnten. Ähnliche Skandale wurden auch aus anderen Diözesen bekannt.

Hilfe für Opfer im Zentrum

In Zukunft will sich der Vatikan laut dem neuen Chefermittler bei Missbrauchsvergehen durch katholische Geistliche weiterhin besonders um die Opfer kümmern. Deren Betreuung stehe „an oberster Stelle“, so Oliver. Der Kirchenanwalt der Glaubenskongregation für schwere kirchenrechtliche Vergehen stellte außerdem klar, dass die Pflicht, sich bei Missbrauchsvergehen an die zivilen Behörden zu wenden und mit ihnen zusammenzuarbeiten, „weltweit“ gelte - auch wenn jedes Land seine eigene Gesetzgebung habe.

Der deutsche Jesuit und Mitorganisator der Initiative Hans Zollner betonte, das internationale Symposium im Februar, an dem Vertreter fast aller Bischofskonferenzen der Weltkirche teilgenommen haben, habe das Bewusstsein der Bischöfe für die Problematik und für die Notwendigkeit von Prävention geschärft. Vor allem seien die Kirchenvertreter solcher Länder sensibilisiert worden, die bislang noch nicht von Missbrauchsskandalen erschüttert worden seien.

APA/AFP/KAP