Verschwiegenheit mit System: Die Medien und der Vatikan

Trotz Twitter, Youtube-Kanals und Fernsehstationen zeichnet sich der Heilige Stuhl nicht durch freizügige Information aus. Der Vatikan informiert ausschließlich über streng geregelte Kanäle.

Dass sich der Vatikan nicht gerade durch eine freizügige Informationspolitik auszeichnet, können selbst die stärksten Verteidiger der katholischen Kirche nicht leugnen. Gegen das Misstrauen gegenüber den Medien und für eine offene, ehrliche Kommunikation treten seit Jahren mehrere Bischöfe und Kardinäle ein. Ihrer Ansicht nach müssten auch die Kirchenführer lernen, auf Fragen einzugehen, Interviews zu geben und in sachgemäßer Form mit Rundfunk und Fernsehen umzugehen. Eine tiefgreifende Änderung in der Medienpolitik des Heiligen Stuhls wird auch von der Öffentlichkeit mit immer stärkerem Nachdruck gefordert.

Der Vatikan von oben

ORF/ZDF/Volker Schmidt-Sondermann

Nichts dringt aus dem Vatikan, was nicht hinaus soll

Pressechef Federico Lombardi hält regelmäßig Konferenzen ab, um Journalisten zu informieren. Öffentliche Versammlungen könne die Presse per Liveschaltung verfolgen. Und der Vatikan liefert auch die Übersetzung in viele Sprachen gleich mit. Informationen vom Heiligen Stuhl außerhalb der geregelten Bahnen zu bekommen, ist auch für die erfahrensten Vatikan-Reporter oft Glückssache. Die eigenen Quellen pflegen und bloß nicht negativ auffallen, ist ihre Devise.

„Eigene Kontakte wichtig“

Auch Mathilde Schwabeneder, Leiterin der ORF-Außenstelle in Rom und Vatikan-Expertin, verweist auf die Wichtigkeit der eigenen Kontakte, die ein Journalist im Lauf der Zeit knüpft und pflegt. Außerdem funktioniere die Zusammenarbeit zwischen den „Vatikanisten“ gut, so Schwabeneder gegenüber religion.ORF.at.

ORF-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder

ORF

Mathilde Schwabeneder

Auch sie bestätigt, dass der Informationsfluss innerhalb des Vatikan nicht besonders gut sei. Oft verfüge nicht einmal Radio Vatikan über die aktuellsten Informationen. Schwabeneder meint zwar, dass im Vatikan Informationen „sicher schwieriger zu bekommen sind als anderswo“, dass er aber durchaus vergleichbar mit anderen Staatsapparaten sei. Sie berichtet gegenüber religion.ORF.at von einem sehr kooperativen Federico Lombardi, der im Gegensatz zu anderen Pressesprechern sehrwohl für Journalisten erreichbar sei.

Der Vatikan im Internet

Von größter Bedeutung für einen Vatikan-Journalisten ist die offizielle Website des Heiligen Stuhls. Bei monatlich Millionen Besuchern aus 150 Ländern zählt sie heute zu den weltweit am häufigsten besuchten Internetseiten. Die offiziellen Dokumente des Vatikans werden einmal jährlich im Gesetzblatt „Acta Apostolicae Sedis“ (AAS) veröffentlicht. Alle Vatikan-Verlautbarungen erscheinen hier in lateinischer Sprache.

Der „Heilige Stuhl“ hat sich in den letzten Jahren auch den neuen Medien geöffnet. Eine eigene Internet-Plattform liefert Informationen über den Vatikan in mehreren Sprachen. Das Portal verfügt gegenwärtig nicht über eine eigene Redaktion, sondern speist sich aus Quellen wie Meldungen der Missionspresse-Agentur „Fides“ und des Nachrichtendienstes VIS (Vatican Information Service). Ein eigener Youtube-Kanal bietet Nachrichtenbeiträge über Aktivitäten des Papstes und Ereignisse im Vatikan an. Der Zweck ist, eine verlässliche und kontinuierliche Quelle über kirchliche Vorgänge zu schaffen, so Pressesprecher Lombardi.

Papst Benedikt XVI. auf Twitter

EPA/ANSA/Maurizio Brambatti

Benedikt XVI., der twitternde Papst

Kürzlich ist im Vatikan auch das Twitter-Fieber ausgebrochen. Benedikt XVI. hat mit seinen neun Sprach-Accounts inzwischen über 2,6 Millionen Followers. Seit Anfang Dezember verschickt der Papst unter „#pontifex“ Kurznachrichten auf Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch, Deutsch, Portugiesisch, Polnisch und Arabisch. Seit Kurzem twittert er auch auf Lateinisch - mehr dazu in: Papst sendet erste Twitter-Botschaft (religion.ORF.at; 12.12.2012).

Radio Vatikan

Das bekannteste der vatikanischen Medien ist Radio Vatikan. Es wurde 1931 unter Papst Pius XI. gegründet. Die Leitung wurde dem Jesuitenorden übertragen, sie stellen seither die Direktoren. Radio Vatikan sendet in 47 Sprachen, darunter so exotischen wie Amharisch und Malayalam.

Radio Vatikan sieht sich selbst als „Sender des Papstes“ mit dem Auftrag, die Lehre der katholischen Kirche zu verbreiten, über die Tätigkeiten des Vatikans zu berichten, das Leben der Katholiken in aller Welt widerzuspiegeln und die Fragen der Zeit aus dem Glauben heraus zu beantworten. Der Sender lastet schwer auf den Vatikan-Kassen, er ist mit zwanzig Millionen Euro Jahresetat der größte Haushaltsposten des Heiligen Stuhls.

Höchste Auflagen für Vatikan-Magazin

Ein Sprachrohr des Vatikan ist auch „L’Osservatore Romano“ („Der Römische Beobachter“): Die Zeitung wurde am 1. Juli 1861 gegründet, wenige Monate nach der Ausrufung des Königreichs Italien. Das Blatt erscheint heute in sieben Sprachen, auf Deutsch seit 1971. Es gibt Berichte über die Predigten des Papstes, die Seligsprechungen, Feierlichkeiten im Vatikan und Reiseberichte aus der „Ewigen Stadt“. Kaum eine Seite erscheint ohne ein Foto des Papstes.

Kontrolliert wird auch die Tageszeitung „L’Avvenire“, Sprachrohr der italienischen Bischofskonferenz, sowie zahlreiche katholische Wochenmagazine, darunter „Famiglia Cristiana“ - mit einer Auflage von 850.000 Stück das meist verbreitete Magazin in Italien.

Eigener Fernsehsender

Das Fernsehzentrum des Vatikans, CTV (Centro Televisivo Vaticano), wurde 1983 eingerichtet und ist seit 1996 voll unter Kontrolle des Heiligen Stuhls. Hauptziel von CTV ist es, zur universalen Verkündigung des Evangeliums beizutragen, indem mit Fernsehbildern die Pastoralmission des Papstes und die Handlungen des Heiligen Stuhls dokumentiert werden. Der Vatikan hat eine enge Partnerschaft mit Italiens öffentlich-rechtlicher TV-Anstalt RAI, die exklusiv die wichtigsten Ereignisse und Feierlichkeiten im Vatikan überträgt.

religion.ORF.at/APA

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