Schottischer Kardinal O’Brien zurückgetreten

Der Erzbischof von Edinburgh und Saint Andrews, Kardinal Keith O’Brien, ist heute nach Vorwürfen „unangemessenen Verhaltens“ gegenüber jungen Priestern zurückgetreten. Er wird nicht am bevorstehenden Konklave teilnehmen.

Der ranghöchste Würdenträger der katholischen Kirche in Großbritannien, Kardinal O’Brien, ist zurückgetreten. Das teilte die katholische Kirche von Schottland am Montag mit. Papst Benedikt XVI. habe das Rücktrittsgesuch bereits am 18. Februar angenommen, hieß es in der Mitteilung. O’Brien selbst teilte mit, der Papst habe seinen Rücktritt als Erzbischof von Edinburgh und Saint Andrews auf den 25. Februar festgesetzt.

O’Brien zählte bisher zu den 117 Kardinälen, die bei der Wahl des neuen Papstes nach der Rücktrittsankündigung Papst Benedikts XVI. wahlberechtigt sind. Er erklärte nun aber, er werde nicht an dem Konklave zur Papst-Wahl teilnehmen. Seinen Rückzug begründete er damit, dass er keine Medienaufmerksamkeit in Rom auf seine Person lenken wolle. Diese sollte Papst Benedikt XVI. und dessen Nachfolger gelten. Der 74-Jährige ist der einzige britische Geistliche, der dem Konklave angehören sollte.

Der Erzbischof von Saint Andrews und Edinburgh, Kardinal Keith O'Brien, bei einer Pressekonferenz

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Kardinal Keith O’Brien sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert

„Unangemessenes Verhalten“

Am Sonntag erhoben mehrere Priester schwere Vorwürfe gegen O’Brien. Er habe bei diversen nächtlichen Aktivitäten „unangemessenes Verhalten“ an den Tag gelegt, berichtete die Sonntagszeitung „The Observer“ über eine angebliche Beschwerde an den Vatikan. Demnach geht es um Vorkommnisse vor 33 Jahren, die drei amtierende und ein ehemaliger Priester vor der Rücktrittsankündigung von Papst Benedikt XVI. gemeldet hätten.

Papst Benedikt XVI. wird bei seinem England-Besuch 2010 von Kardinal Keith O'Brien empfangen

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2010 empfing O’Brien als Erzbischof von Edinburgh und Saint Andrews Benedikt XVI. bei dessen Besuch in Großbritannien

Der ehemalige Geistliche, der mittlerweile verheiratet ist, wirft dem Kardinal dem Bericht zufolge vor, sich ihm im Jahr 1980 als geistlicher Leiter im Priesterseminar unangemessen genähert zu haben. Er sei zu verängstigt gewesen, um den Vorfall zu melden, habe aber danach Depressionen entwickelt. Als O’Brien im Jahr 1985 zum Erzbischof von Saint Andrews und Edinburgh geweiht worden war, habe er das Priesteramt niedergelegt, um seine Integrität zu wahren. „Ich wusste, dass er immer Macht über mich haben würde“, so der ehemalige Geistliche.

Auch die drei amtierenden Priester geben dem Bericht zufolge „unangemessenen Kontakt“ seitens O’Brien an. Alle vier hätten gezögert, ihre Beschwerde zu erheben. Sie wollten allerdings, dass das Konklave, das Papst Benedikts XVI. Nachfolger wählen wird, „sauber“ sei, so der „Observer“. Die Vorwürfe seien bereits vorgebracht gewesen, bevor Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte.

Die Beschwerdeführer befürchten laut „Observer“ nun, dass der Vatikan die Vorwürfe nicht eingehend prüfen könnte, um das Konklave nicht zu belasten. „Der Papst wurde über die Probleme informiert, nun liegt die Angelegenheit in seinen Händen“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi zu dem Bericht.

Aufhebung des Pflichtzölibats gefordert

O’Brien war in der katholischen Kirche Großbritanniens in den vergangenen Jahren als entschiedener Gegner der Homosexuellenehe aufgetreten. Laut „Observer“ will der Erzbischof gegen die Vorwürfe vorgehen. Für eine Stellungnahme war am Sonntag in der Diözese zunächst niemand zu erreichen.

Erst am Samstag hatte O’Brien sich für die Aufhebung des Pflichtzölibats für katholische Priester ausgesprochen. Obwohl er selbst nie über die Möglichkeit einer Heirat nachgedacht habe, sagte er in einem Interview der BBC: „Ich wäre sehr froh, wenn andere die Möglichkeit hätten, in Erwägung zu ziehen, ob sie heiraten können oder sollen.“

„Es ist eine freie Welt, und mir wurde bewusst, dass viele Priester es als sehr schwierig empfunden haben, mit dem Zölibat zurechtzukommen“, sagte der Kardinal im BBC-Interview. Viele hätten das Gefühl gehabt, einen Gefährten zu brauchen, eine Frau, die sie heiraten könnten und mit der sie eine Familie gründen könnten.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche in Schottland sprach sich zudem dafür aus, als Nachfolger Benedikts XVI. einen Mann auf den Heiligen Stuhl zu wählen, der aus einem der Entwicklungsländer kommt. Es sei die Zeit gekommen für einen jüngeren Papst aus einem Entwicklungsland, wo der katholische Glaube in der Blüte stehe.

KAP/APA/AFP