Pontifikat von Benedikt XVI. zu Ende

Das Pontifikat von Papst Benedikt XVI. ist zu Ende gegangen. Am Donnerstag um 20.00 Uhr begann offiziell die Zeit der Sedisvakanz („leerer Stuhl Petri“), an deren Ende die Wahl eines neuen Papstes stehen muss.

Genau um 20.00 Uhr wurde das Tor der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo, 30 Kilometer südlich von Rom, geschlossen, in der sich Benedikt am Freitag zurückgezogen hatte. Benedikt XVI. ist ab jetzt emeritierter Papst. Die Schweizergarde zog von Castel Gandolfo ab. Ihr Auftrag ist der Schutz des amtierenden Papstes.

Zur gleichen Stunde versiegelte der Kardinalkämmerer (Camerlengo) der römischen Kirche, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone (78), in der dritten Etage des Apostolischen Palastes im Vatikan die Wohnung Benedikts XVI. und den Aufzug, der dorthin führt. Es ist das gleiche Zeremoniell wie beim Tod eines Papstes. Bis zur Wahl eines Nachfolgers bleiben die Räume verschlossen. Auch der Fischerring Benedikts XVI. hat keine Funktion mehr.

„Bin nur noch Pilger“

Benedikt ist der erste Papst der Neuzeit, der von seinem Amt zurücktrat. Wann sein Nachfolger gewählt wird, steht noch nicht fest. In vielen Ländern, auch in Österreich, verabschiedeten sich die Katholiken bei Dankgottesdiensten von ihrem Papst.

Papst Benedikt XVI. bei seinem Abschied auf dem Balkon des Castel Gandolfo

Reuters/Max Rossi

Benedikt XVI. beendet sein Pontifikat

Als letzte öffentliche Handlung seines Pontifikats trat Benedikt um 17.38 Uhr auf die Loggia des Palastes in Castel Gandolfo vor den Toren Roms und grüßte die dort versammelten Gläubigen. Er breitete die Arme aus und wurde mit lautem Jubel, „Benedetto“-Rufen und bunten Transparenten gefeiert. „Ich bin kein Papst mehr, ich bin nur noch Pilger“, sagte er und segnete die Gläubigen. Und dann: „Gute Nacht.“

Um 20.00 Uhr wurde als symbolisches Zeichen für das Ende des Pontifikats das Portal der Residenz geschlossen. Noch einmal gab es „Viva il Papa“-Rufe und Glockengeläut in Castel Gandolfo.

Mit dem Hubschrauber nach Castel Gandolfo

Knapp drei Stunden vor dem Ende seines Pontifikats hatte Benedikt XVI. den Vatikan verlassen und war mit dem Hubschrauber nach Castel Gandolfo geflogen. Benedikt reiste an Bord eines Helikopters der italienischen Luftwaffe gemeinsam mit Privatsekretär Georg Gänswein. Der Hubschrauber flog um 17.06 Uhr ab und landete um 17.23 Uhr in Castel Gandolfo, wo sich Benedikt voraussichtlich in den nächsten drei Monaten aufhalten wird.

Priester beobachten den Abflug von Papst Benedikt im Hubschrauber

Reuters/Yara Nardi

Priester beobachten den Abflug von Papst Benedikt im Hubschrauber

Kurz vor 17.00 Uhr hatte der Heilige Vater seine Wohnung im Apostolischen Palast verlassen und sich in den Damasus-Hof begeben. Hier wurde er von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und dessen Mitarbeitern verabschiedet. Zu Ehren Benedikts war eine große Ehrenformation der Päpstlichen Schweizergarde angetreten. Der lächelnde Papst, der in guter Form schien, verabschiedete sich von den Kurienkardinälen, Bischöfen und seinen engsten Mitarbeitern. Mehrere Bedienstete des Vatikans hatten Tränen in den Augen.

„Grazie, Vergelt’s Gott“

Auf dem Petersplatz hatten sich mehrere Tausend Gläubige versammelt, die über große Bildschirme die Abreise des Papstes verfolgten. Auf dem Hubschrauberplatz war ein Transparent mit „Grazie, Vergelt’s Gott“ zu sehen. Beim Abheben des Helikopters ertönten die Glocken aller Kirchen der Ewigen Stadt als Zeichen des Abschieds und der Anerkennung dem Papst gegenüber, der auch Roms Bischof ist.

Bereits zuvor hatte Benedikt XVI. von den im Vatikan anwesenden Kardinälen Abschied genommen. „Unter euch ist auch der künftige Papst, dem ich meinen bedingungslosen Gehorsam und Ehrfurcht verspreche“, sagte er in der prachtvollen Sala Clementina im Apostolischen Palast. „Möge der Herr denjenigen offenbaren, den er auserwählt hat“, fügte er hinzu. Anschließend spendete Benedikt XVI. den 144 Kardinälen und einigen weiteren Geistlichen seinen Segen und verabschiedete sich von allen persönlich. Viele nahmen dabei ihre Kopfbedeckungen ab und küssten den päpstlichen Siegelring.

Ein Schweizergardist schließt das Tor zum Castel Gandolfo

Reuters/Tony Gentile

Ein Schweizergardist schließt das Tor zum Castel Gandolfo

Kardinalskollegium leitet Kirche

Während der Sedisvakanz leitet das Kardinalskollegium die Kirche. Seine Befugnisse sind aber auf Aufgaben und Entscheidungen beschränkt, die nicht aufgeschoben werden können. Von Päpsten erlassene Gesetze dürfen in dieser Zeit nicht korrigiert oder abgeändert werden. Die zwischenzeitliche Verwaltung der Kirche übernimmt der Camerlengo mit drei Kardinalassistenten. Das Kardinalskollegium bereitet vor allem die Wahl des neuen Papstes vor. Während der Sedisvakanz werden spezielle Münzen und Medaillen geprägt.

Mit Beginn der Sedisvakanz geht die Leitung der katholischen Kirche und des Vatikanstaates vorübergehend an das Kardinalskollegium über. Der Dekan des Kollegiums, Ex-Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano (85), lud die 208 Kardinäle zu Generalkongregationen in den Apostolischen Palast ein, die bis zum Beginn des Konklaves täglich stattfinden.

Sprecher: 115 Kardinäle bei Konklave

Da viele Kardinäle, darunter der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn, bereits im Vatikan versammelt sind, werden die Treffen am kommenden Montag beginnen. Zentrale Aufgabe ist die Festlegung des Starttermins für das Konklave, das schon wenige Tage später, möglicherweise am Wochenende, beginnen könnte. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte, nach derzeitigem Stand kämen 115 Kardinäle zur Papst-Wahl in den Vatikan. Benedikt XVI. gab den Kardinälen noch vor wenigen Tagen freie Hand für die schnelle Festsetzung eines Termins.

Benedikts Aufenthalt in Castel Gandolfo wird voraussichtlich länger sein. Nach Angaben italienischer Medien wird sich Ratzinger bis zu drei Monate und nicht nur bis Ende April wie bisher vermutet in der päpstlichen Sommerresidenz aufhalten. Die Restaurierungsarbeiten des Frauenklosters „Mater Ecclesiae“ im Vatikan, in das sich Benedikt zurückziehen wird, werden später zu Ende gehen, als bisher vorhergesehen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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