Kardinal Turkson: Das „Gewissen der Kirche“

Der 64-jährige Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden gilt als weltgewandt und menschennah. Er könnte der erste Papst aus dem afrikanischen Kontinent werden.

Kardinal Peter Kodowo Appiah Turkson werden gute Chancen eingeräumt, neues Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche zu werden. Er selbst meinte dazu in einer Pressekonferenz, wenn Gott wünsche, einen Afrikaner als Papst zu sehen, dann gebühre Gott Dank dafür. Turkson ist seit 2009 Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden und als vatikanischer „Sozialminister“ gilt er auch als „Gewissen der Kirche“. Starallüren sind dem Kardinal fremd. Der menschennahe Kirchenmann wirkt stets freundlich und gelassen, auch wenn sein Terminkalender anderes erwarten ließe.

Die aussichtsreichsten Kandidaten

religion.ORF.at stellt von 6. bis 11. März in loser Reihenfolge die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. vor.

Turkson wurde am 11. Oktober 1948 in Ghana geboren und wuchs in einer gemischtkonfessionellen Familie mit neun Geschwistern auf. Seine Mutter war evangelisch-methodistische Gemüseverkäuferin, sein Vater katholischer Tischler und sein Onkel Muslim. Diese Tatsache führte er übrigens gegen die Kritik an, ein islamfeindliches Video veröffentlicht zu haben.

Er studierte zunächst in seiner Heimat, dann in New York und Rom Theologie, wo er in Bibelwissenschaften promovierte. Nach Jahren als Theologieprofessor wurde er 1992 Erzbischof von Cape Coast. Seit 1997 gehört Turkson der Päpstlichen Kommission für den Dialog zwischen Methodisten und Katholiken an, er spricht sechs Sprachen.

Papst-Kandidat Peter Turkson

Public Domain/Haiducul

Turkson: „Man muss immer versuchen die Menschenwürde zu verteidigen“

Erst Anfang Jänner trat Turkson bei einem internationalen ökumenischen Kongress in Wien auf, wo er die katholische Position zum Umweltschutz erläuterte und die Menschenwürde ins Zentrum aller Überlegungen stellte. Der afrikanische Kardinal weiß, wovon er spricht. Das westafrikanische Ghana ist ein junges, dynamisches Land, das aber unter wirtschaftlicher Ungerechtigkeit zu leiden hat. Der großflächige Abbau von Gold durch ausländische Konzerne entzieht vielen Menschen dauerhaft die Existenzgrundlage.

Für eine Finanztransaktionssteuer

Aber auch andere globale Probleme beschäftigen den Kirchenmann. Etwa der ökologische Raubbau zur Gewinnung von Biodiesel in vielen Schwellenländern, Klimawandel und das Ansteigen der Meeresspiegel. Zuletzt gehörte der Kardinal auch zu jenen Kirchenvertretern, die sich vehement für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausgesprochen haben. Diese sei ein Weg, Wirtschaft und Finanzen wieder zu ihrer eigentlichen gesellschaftlichen Funktion zurückzuführen.

Kritik brachte ihm allerdings seine Haltung zu Homosexualität und Empfängnisverhütung ein. Es gäbe einen Unterschied zwischen Moral und Menschenrechten und Armut solle nicht durch die Beschränkung der Bevölkerungszahlen bekämpft werden, sondern durch Investitionen in Bildung, so der Kardinal. Und bezüglich Homosexualität meinte er, die in Afrika traditionelle Tabuisierung der Homosexualität habe die Kirche vor Missbrauchsskandalen bewahrt, so Turkson.

religion.ORF.at/KAP

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