Kardinal Ouellet: Der Kosmopolit

Als Leiter der Bischofskongregation ist Marc Ouellet (68) so etwas wie der Personalchef im Vatikan. Papst zu werden „wäre ein Alptraum“, wurde Ouellet einmal zitiert. Dabei stehen seine Chancen gar nicht schlecht.

Die aussichtsreichsten Kandidaten

religion.ORF.at stellt von 6. bis 11. März die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge von Papst Benedikt XVI. vor.

Ouellet gilt als Kosmopolit und spricht neben Französisch und Englisch auch Deutsch, Portugiesisch und Spanisch. Obwohl der ehemalige Ratzinger-Schüler innerhalb der Kurie gut vernetzt ist, könnte der weitverbreitete Säkularismus in seiner Heimatprovinz Quebec gegen ihn als neuer Papst sprechen.

In theologischen Fragen zeigt er sich stets streng und konservativ. Unter anderem sprach er sich öffentlich scharf gegen Abtreibung und Homo-Ehe aus. Seine Unterstützer meinen, er würde einen bescheidenen Papst und einen tief gläubigen Verteidiger der katholischen Identität abgeben. Für seine Kritiker ist er als Ratzinger-Schüler zu nah an Benedikt XVI.

Kardinal Marc Ouellet

AP/Alessandra Tarantino

Kardinal Marc Ouellet

Ouellet wurde 1944 in Amos (Quebec) in eine französischsprachige Familie mit acht Kindern geboren. Er studierte in Montreal Theologie, wurde 1968 zum Priester geweiht und trat 1972 in den Sulpizianer-Orden ein. In Innsbruck setzte er sein Studium fort. Am 3. März 2001 holte Papst Johannes Paul II. den Kanadier als Sekretär des Ökumenerats in den Vatikan. Ein Jahr später folgte die Ernennung zum Erzbischof von Quebec, 2003 die zum Kardinal. 2010 wurde Ouellet Präfekt der Bischofskongregation und Präsident der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika.

„Alptraum mit einer riesigen Verantwortung“

Ouellets Arbeitspensum und Tempo sind im Vatikan inzwischen legendär. Aufgaben und Position des Papstes bezeichnete er 2011 in einem Interview als „Alptraum mit einer riesigen Verantwortung“, für die sich keiner im Ernst bewerben könnte. Der Kanadier erwarb sich Anerkennung als Aufklärer im kirchlichen Missbrauchsskandal. Im Rahmen der wegweisenden Missbrauchskonferenz vor einem Jahr an der Gregoriana in Rom leitete er einen Gottesdienst, in dem es zu einer besonderen liturgischen Versöhnungsgeste kam: Je sieben Missbrauchsopfer und -täter nahmen teil, die Täter baten dabei für ihre Verfehlungen um Vergebung.

Im Kontext säkularisierter Gesellschaften „brauchen wir Bischöfe, die die ersten Evangelisierer einer Diözese sind und nicht bloße Verwalter derselben“, so der Kurienkardinal. Sie sollten nicht nur theologisch treu zum Lehramt und zum Papst stehen, „sondern auch imstande sein, den Glauben darzulegen und notfalls auch öffentlich zu verteidigen“.

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