Schönborn: Kirchen dürfen nicht staatsnahe sein

Das Christentum könnte aus Sicht von Christoph Schönborn künftig wieder eine größere Bedeutung für die Menschen in Europa gewinnen, zitierte ihn die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Mittwoch-Ausgabe).

Die gegenwärtige Zeit stecke für die Kirche „voller Möglichkeiten“, so Kardinal Schönborn weiter. Noch gehöre die Mehrzahl der Europäer dem Christentum an, wenn auch nur eine Minderheit von ihnen aktiv am kirchlichen Leben teilnehme. Als Vorbild für eine kirchliche Erneuerung nannte der Wiener Erzbischof den heiligen Franz von Assisi (1181/82 bis 1226). Der Ordensgründer und Spross aus reicher Familie hatte durch sein Vorbild der Armut, Entsagung und Glaubensfreude eine Welle der religiösen Begeisterung in Europa ausgelöst.

Kardinal Christoph Schönborn bei einer Messe im Vatikan

APA/EPA/ANSA/Guido Montani

Kardinal Christoph Schönborn bei einer Messe am Montag im Vatikan

Schönborn sagte weiter, das Christentum sei sowohl eine Wurzel Europas als auch ein „inspirierender Fremdkörper“. Es habe immer dann geblüht, wenn es sich nicht auf die politische Macht verlassen, sondern stattdessen einen authentischen Glauben verkörpert habe. Der Wiener Erzbischof warnte deshalb die Kirchen in den europäischen Ländern vor zu großer Staatsnähe.

Kardinal Kasper: Vatikan muss transparenter werden

Auch Kardinal Walter Kasper kam in italienischen Medien zu Wort. Im Interview mit „La Repubblica“ (Mittwoch-Ausgabe) forderte er mehr Transparenz im Vatikan. „Die Kurie muss damit beginnen, sich zu öffnen und die Transparenz nicht zu fürchten“, so der älteste papstwählende Kardinal, der am Dienstag sein 80. Lebensjahr vollendete.

Die Kurie bedürfe, „über das hinaus, was durch die Affäre ‚Vatileaks‘ ans Tageslicht gekommen ist“, einer grundlegenden Umgestaltung, so der Kardinal. Zugleich forderte er eine Abkehr vom römischen Zentralismus und eine kollegialere Leitung an der Kirchenspitze. „Zentrum“ sei nicht gleichbedeutend mit „Zentralismus“. Eine kollegiale Kirchenleitung müsse die Bischöfe und das gesamte Kirchenvolk stärker einbinden, sagte er.

Die Reform der römischen Kurie sei ein „großes Problem“, so Kasper weiter. Es gebe gegenwärtig keine ausreichende interne Kommunikation zwischen den vatikanischen Ministerien. Das müsse sich ändern. Zugleich sprach sich Kasper für ein „ernsthaftes Überdenken“ des kirchlichen Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen aus. Es bedürfe hierbei stets einer Entscheidung im Einzelfall, hob der Kardinal hervor. In der Frage der Wiederzulassung dieser Personengruppe zum Kommunionempfang gelte es jeweils die individuelle Situation zu prüfen.

KAP

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