Schönborn wünscht sich „Aufräumarbeiten“

Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Rom die Veröffentlichung vertraulicher Gespräche von Purpurträgern im Vatikan durch italienische Medien scharf kritisiert.

Es sei ein Skandal, „dass vertrauliche Gespräche der Kardinäle im Vatikan wortwörtlich von italienischen Zeitungen gedruckt“ worden seien. Schönborn äußerte die Hoffnung, dass der neue Papst diesbezüglich Aufräumarbeit leisten werde. „Dringende Aufräumarbeit ist notwendig“, sagte der Kardinal.

Es sei ein Affront für die vielen „treuen, loyalen und kompetenten Mitarbeiter des Vatikans, dass sein Ruf derart belastet“ werde, sagte Schönborn. „Wir hoffen alle, dass der neue Papst den guten Ruf des Vatikans wiederherstellt. Wegen des Fehlverhaltens weniger schwarzer Schafe darf der Ruf des Vatikans nicht so geschädigt werden“, so der Kardinal.

Hoffen auf „tiefgründige Säuberung“

Der Wiener Erzbischof betonte, dass die Kardinäle ihre Loyalität zum Vatikan klar hervorgehoben haben. „Wir hoffen alle, dass es zu einer tiefgründigen Säuberung kommen wird“, sagte Schönborn.

In einer ersten Stellungnahme aus Rom gegenüber Kathpress Donnerstagfrüh hatte der Wiener Erzbischof mildere Töne angestimmt: „Alles spricht dafür, dass die Kardinäle einen sehr guten Hirten gewählt haben“, sagte Kardinal Christoph Schönborn. Der Name Franziskus des neuen Papstes sei programmatisch, so Schönborn.

Schon als Erzbischof von Buenos Aires habe der neue Papst ein sehr glaubwürdiges christliches Zeugnis gegeben, „nahe bei den Menschen und besonders bei den Armen, sehr engagiert im sozialen und gesellschaftlichen Bereich und zugleich auch den Priestern sehr nahe“. Der Wiener Erzbischof sagte weiter: „Ich denke, wir werden mit Papst Franziskus noch gute und schöne Überraschungen erleben.“ Persönlich habe er sich über die Wahl des Kardinals aus Argentinien „riesig gefreut“.

Kardinal Christoph Schönborn im Vatikan

APA/EPA/Maurizio Brambatti

Kardinal Schönborn zeigt sich freudig überrascht über die Wahl Franziskus’

„Positive Überraschung“

Außerdem habe er in den Tagen vor dem Konklave einen anderen Kardinal gefragt, warum es bisher noch nie einen Papst Franziskus gegeben habe, so Schönborn: „Wir haben uns dann zugelächelt, als der neue Papst seinen Namen bekanntgegeben hat.“ Die Stimmung in Rom sei sehr positiv, so der Kardinal weiter. Menschen und Medien seien sehr beeindruckt vom neuen Papst, den sie als „Papst der Armen“ bezeichnen würden.

Mit der Wahl des argentinischen Jesuiten Jorge Mario Bergoglio habe sich ein alter Spruch bestätigt, so Schönborn gegenüber der APA: „Wer als Papst in das Konklave geht, kommt als Kardinal heraus.“ Die Wahl Bergoglios zum Papst sei eine „positive Überraschung“. Niemand - vor allem die Medien - habe mit einer solchen Entscheidung gerechnet, die ein Zeichen sei, dass es wirkliche Überraschungen in der Kirche gebe.

Papst Franziskus habe auch schon kurz nach seiner Wahl erste beeindruckende Zeichen gesetzt, als er auf dem Balkon in der einfachen weißen Papst-Soutane aufgetreten war, ohne weitere Attribute und auch mit seinem einfachen bischöflichen Brustkreuz. Er habe auch zuerst als Bischof von Rom seine Diözese begrüßt, die Menschen um ihr Gebet für ihn gebeten und sich vor ihnen verneigt. Schönborn: „Das war eine beeindruckende starke Geste.“

„Sehr starker Akzent auf katholische Soziallehre“

Franziskus stehe vor allem den Armen sehr nahe und habe ein konkretes Gespür für die Not der Menschen, sagte Schönborn zur APA. „Er legt einen sehr starken Akzent auf die katholische Soziallehre.“ So habe Franziskus nach seinem ersten Auftritt nicht den für ihn bereitgestellten Mercedes genommen, sondern sei mit den anderen Kardinälen im Bus zurück in seine Unterkunft gefahren. „Das hat gerade die Mitarbeiter beeindruckt“, so Schönborn.

Ob die Wahl Bergoglios auch die drei anstehenden Bischofsernennungen in Österreich beeinflusst, konnte Schönborn nicht sagen. „Ich weiß nur, dass das Prozedere sehr weit fortgeschritten ist.“ Nun müsse erst einmal die anstehende große Sitzung der Bischofskongregation abgewartet werden. Ein Termin dafür stehe noch nicht fest, das hänge alles von den Personalentscheidungen ab, die Franziskus in der kommenden Zeit zu treffen habe. „Es wird dann aber zügig vorangehen, sobald die zuständigen Institutionen wieder ihren Betrieb aufnehmen“, so Schönborn.

Drei Neubesetzungen in Österreich fällig

Neu besetzt werden müssen die Erzdiözese Salzburg, die Diözese Graz-Seckau und die Diözese Feldkirch. Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser hat bereits am 29. Mai 2012 sein 75. Lebensjahr vollendet und gemäß dem Kirchenrecht beim Papst um Entpflichtung von der Verantwortung für die Diözese eingereicht. Dieser hatte das Rücktrittsgesuch bislang aber nicht angenommen.

In der Diözese Graz-Seckau hatte Bischof Egon Kapellari vor etwas mehr als zwei Jahren anlässlich seines 75. Geburtstages den Papst ebenfalls um Entpflichtung von seinem Amt gebeten. Papst Benedikt XVI. hatte im Jänner 2011 diesen Rücktritt „nunc pro tunc“ („jetzt für später“) angenommen, zugleich aber die Amtszeit des Bischofs um zwei Jahre verlängert. Kapellari feierte heuer am 12. Jänner seinen 77. Geburtstag.

Für die Diözese Feldkirch hatte Papst Benedikt XVI. am 15. November 2011 das altersbedingte Rücktrittsgesuch von Bischof Elmar Fischer angenommen. Seither fungiert Benno Elbs als Diözesanadministrator.

Auch ein offizieller Österreich-Besuch von Franziskus steht noch in den Sternen. Noch wisse man nicht, ob der Papst überhaupt viel reisen werde. Aber: „Er ist ein sehr freier Mensch.“ Diese innere Unabhängigkeit werde wohl auch in dieser Frage entscheidend sein, so der Wiener Erzbischof.

religion.ORF.at/KAP/APA

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