Aleviten vor Anerkennung als Religionsgesellschaft

Die „Islamisch-alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ wird schon bald zu den anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften des Landes gehören. Wie das Kultusamt bekanntgab, erfüllen die Aleviten sämtliche notwendigen Voraussetzungen.

Das für die Religionsgemeinschaften zuständige Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) versendete am Montag einen Verordnungsentwurf zur Begutachtung, der die volle gesetzliche Anerkennung der „Islamisch-alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (ALEVI) zum Inhalt hat.

Im entsprechenden Begleitschreiben führt die zuständige Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) aus, dass die seit 2010 als „religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ existierende islamisch-alevitische Glaubensgemeinschaft einen Antrag auf volle Anerkennung gestellt hat. Aus Sicht des Ministeriums sind alle Erfordernisse für eine Anerkennung erfüllt, die nach Ablauf der Begutachtungsfrist am 8. Mai noch im selben Monat erfolgen könnte.

Aleviten beim Tanz in einem Cem

REUTERS/Umit Bektas

Die Aleviten feiern ihre Gottesdienste nicht in Moscheen, sondern in sogenannten Cemevi. Der Tanz spielt eine wichtige Rolle.

17.351 Mitglieder

In den Erläuterungen zum Gesetzestext wird zu den Erfordernissen festgehalten, dass das Alevitentum über den nötigen Bestand seit mindestens 100 Jahren verfügt und in Österreich seit zumindest 20 Jahren in der Form von Kulturvereinen aktiv ist, in denen auch die Religionsausübung geschieht. Aus dem „mit Originaldokumenten unterlegten Mitgliederverzeichnis“ gehe hervor, dass ALEVI in Österreich insgesamt 17.351 Mitglieder hat und daher die derzeit geltende Mindestmitgliederzahl von 16.861 übersteigt.

Weiters wird festgestellt, dass die Religionsgemeinschaft über die nötige „positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat“ verfüge und dass es keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu anderen bestehenden Kirchen und Religionen gebe.

Nach erfolgter Anerkennung wären die Aleviten die jüngste der dann insgesamt 15 anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich. Die letzte derartige Anerkennung betraf 2009 „Jehovas Zeugen in Österreich“. Die Aleviten hätten somit künftig unter anderem die Möglichkeit für einen regulären Religionsunterricht.

Intern gespalten

Die nunmehr geplante Anerkennung von ALEVI ist von Unstimmigkeiten unter den verschiedenen Strömungen des Alevitentums begleitet. ALEVI selbst ging aus dem „Kulturverein der Aleviten in Wien“ hevor, der sich 2010 als „Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich“ (IAGÖ) neu konstituierte und in der Folgen den Status einer „religiösen Bekenntnisgemeinschaft“ erhielt.

Eine anderer Teil der Aleviten wird durch die „Föderation der Aleviten-Gemeinden in Österreich“ repräsentiert. Sie war ursprünglich dem „Kulturverein der Wiener Aleviten“ organisatorisch übergeordnet. Auch die Föderation wollte im Jahr 2010 den Status einer „religiösen Bekenntnisgemeinschaft“ erreichen.

Allerdings entbrannte ein Streit zwischen der Föderation und den Wiener Aleviten, in dem es um die Frage ging, ob das Alevitentum innerhalb oder außerhalb des Islams zu verorten sei. Im Endeffekt wurde der Antrag der Wiener vom Kultusamt positiv beantwortet, jener der Föderation negativ. Eine entsprechende Berufung der Föderation liegt derzeit zur Behandlung beim Verwaltungsgerichtshof.

Das ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ berichtete am 23.1.2011 über die internen Streitigkeiten der Aleviten (ab 7:38)

Ein Aufstieg der damals als „religiöse Bekenntnisgemeinschaft“ eingetragenen "Islamisch-alevitischen Glaubensgemeinschaft zur „vollen“ Anerkennung galt unmittelbar nach dieser Entscheidung aufgrund der internen Spaltung als unwahrscheinlich. Man würde es schwer haben, die nötigen Mitgliederzahlen zu erreichen, hieß es.

Schließlich gibt es als dritte Gruppe die sogenannten „Altaleviten“, der viele Kurden angehören und die religiös nicht mehr als Teil des Islam gelten. Auch diese Gruppe hat den Status einer „religiösen Bekenntnisgemeinschaft“ beantragt. Das diesbezügliche Verfahren ist aber noch offen, hieß es dazu seitens des Ministeriums am Dienstag gegenüber Kathpress.

Vorstufe zur Anerkennung

„Religiöse Bekenntnisgemeinschaften“ sind in Österreich eine Art Vorstufe zur Anerkennung. Um den Aufstieg zu schaffen muss die jeweilige Gruppe nachweisen, dass mindestens zwei Promille der österreichischen Gesamtbevölkerung zu ihr gehören. Neben den Aleviten streben derzeit auch die „Freikirchen in Österreich“, ein Zusammenschluss von fünf freikirchlichen Gemeindebünden, die Anerkennung an - mehr dazu in „Freikirchen in Österreich“ vor Anerkennung?.

Geschätzte 60.000 Aleviten leben heute in Österreich, fast die Hälfte davon in Wien. In Europa gibt es rund zwei Millionen, in der Türkei etwa 23 Millionen und weltweit etwa 80 Millionen Aleviten.

religion.ORF.at/KAP

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