Papst beginnt mit Kurienreform

Papst Franziskus hat die Reform des Verwaltungsapparats der römisch-katholischen Kirche, der Kurie, eingeleitet. Ein achtköpfiges Gremium soll ihn beratend unterstützen. Insider erwarten weitere Neubesetzungen.

Nach nur einem Monat im Amt berief Franziskus ein Beratungsgremium aus acht Kardinälen, das ihn bei der Führung der Kirche und bei der Überarbeitung der Kurienverfassung („Pastor Bonus“) aus dem Jahr 1988 unterstützen soll. Die Kurie ist der Leitungs- und Verwaltungsapparat der römisch-katholischen Kirche. Mit der Auswahl der Kardinäle zeigte der Papst, dass er die Belange aller Erdteile mit einbeziehen will. Mit der Einsetzung der Kommission reagierte der Papst auf Forderungen der Generalkongregationen vor dem Konklave zur Reform der Kurie.

Mitglieder aus fünf Kontinenten

Neben dem Koordinator der Gruppe, Oscar Andres Rodriguez Maradiaga, bestimmte der Papst US-Kardinal Sean Patrick O’Malley, Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident des Gouvernatorats, den emeritierten Erzbischof von Santiago de Chile, Kardinal Francisco Javier Errazuriz Ossa, den Erzbischof von Bombay, Oswald Gracias, den Münchner Erzbischof Reinhard Marx, den Erzbischof von Kinshasa, Laurent Monsengwo Pasinya, und den Erzbischof von Sydney Georg Pell zur Mitwirkung.

Papst Franziskus bei einer Ansprache  mit erhobener Faust

REUTERS/Max Rossi

Kraftvoll startet Jorge Mario Bergolgio in das Amt des Papstes und geht rasch an nötige Reformen

Die Rolle des Sekretärs des Kardinalsdirektoriums übernimmt der Bischof von Albano, Marcello Semeraro, den der Papst persönlich kennt und besonders schätzt. Albano ist die Diözese zu der auch Castel Gandolfo, die Ortschaft mit der Sommerresidenz der Päpste, 30 Kilometer südlich von Rom gehört. Das erste Treffen der Gruppe soll im Oktober stattfinden. Papst Franziskus stehe mit jedem Einzelnen aber bereits in Kontakt, teilte der Vatikan am Samstag mit. Die letzte große Reform der Kurie vollzog Papst Paul VI im Jahr 1967.

Neuerungen notwendig

Das neue Oberhaupt der 1,2 Milliarden Katholiken hat ein schweres Erbe angetreten. Sexueller Missbrauch von Kindern und der Verrat von Geheimnissen innerhalb des Vatikans haben die Kirche in eine tiefe Krise gestürzt. Bei seiner ersten Messe rief der aus Argentinien stammende Papst die katholische Kirche zur Rückbesinnung auf ihre religiösen Wurzeln auf. Er folgte dem Deutschen Benedikt XVI. auf den „Heiligen Stuhl“. Erstmals seit 1300 Jahren wurde mit Jorge Mario Bergoglio ein Nicht-Europäer Papst und nicht einer der mitfavorisierten italienischen Kardinäle.

Benedikt hat seinem Nachfolger einen Geheimbericht über die Probleme des Verwaltungsapparats des Kirchenstaates hinterlassen. Seit seiner Wahl hat Franziskus bei mehreren Gelegenheiten die Unterschiede zu seinem Vorgänger deutlich gemacht, der als erster Papst seit 600 Jahren sein Amt niedergelegt hatte.

Weitere Personaländerungen im Vatikan erwartet

Vatikan-Insider rechnen mit weiteren Personalveränderungen im Vatikan. Mehrere Schlüsselpositionen in der römischen Kurie könnten mit Vertrauensleuten des argentinischen Pontifex neu besetzt werden. Vermutet wird, dass Franziskus bald einen neuen vatikanischen Staatssekretär anstelle von Kardinal Tarcisio Bertone einsetzen wird. Bertone war nach mehreren Skandalen im vergangenen Jahr unter Beschuss geraten.

Als möglicher Nachfolger Bertones gilt laut der für gewöhnlich gut informierten römischen Tageszeitung „La Repubblica“, Kardinal Giuseppe Bertello, Präsident des Gouvernatorats, einziger Italiener im neu gewählten Kardinalsdirektorium. Der 70-jährige Papstwähler ist als vatikanischer Regierungschef für die gesamte Infrastruktur des Kirchenstaates verantwortlich, von den Vatikanischen Museen bis hin zur medizinischen Versorgung. Zuvor hat sich Bertello als Diplomat des Heiligen Stuhls mehrfach auf kirchenpolitisch heiklem Terrain bewährt.

Weitere aussichtsreiche Kandidaten

Als weiterer Kandidat gilt der apostolische Nuntius in Venezuela, der 58-jährige Pietro Parolin. 1980 zum Priester geweiht und seit 1986 im Diplomatischen Dienst, gehört Parolin zu den erfahrensten Diplomaten des Heiligen Stuhls. In den vergangenen Jahren hatte Parolin unter anderem schwierige Verhandlungen zwischen dem Vatikan und Vietnam geleitet.

Gute Chancen werden auch dem Sekretär der vatikanischen Bischofskongregation, Erzbischof Lorenzo Baldisseri, eingeräumt. Der ehemalige apostolische Nuntius in Brasilien, der vor seiner geistlichen Laufbahn am Berliner Konservatorium ein Diplom als Pianist erwarb, lebt wie der Papst im Gästehaus Santa Marta und zählt zu den Personen, die den engsten Kontakt zu Franziskus haben.

Ein weiterer Kandidat ist auch der apostolische Nuntius in Frankreich, der 68-jährige Luigi Ventura. Dieser hat unter anderem Erfahrung als vatikanischer Nuntius in Chile und in Kanada gesammelt.

religion.ORF.at/Reuters/AFP/KAP/APA

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