Türkischer Pianist Say wegen „Blasphemie“ verurteilt
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 43-jährige die „religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung“ durch einige Mitteilungen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter herabgesetzt habe, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Die Staatsanwaltschaft hatte anderthalb Jahre Haft gefordert.
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Says Anwalt wollte sich zunächst nicht zum Urteil äußern. Der Pianist selbst war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend, allerdings kritisierte er die Entscheidung kurze Zeit später auf seiner Facebook-Seite. Das Urteil sei sehr bedauerlich, teilte er am Montag mit. Für die Meinungs-und Glaubensfreiheit in der Türkei sei die Entscheidung des Gerichtes besorgniserregend.
Twitter-Fragen zum Paradies
Bei der Prozesseröffnung im Oktober hatte Say erklärt, er habe den Islam und gläubige Muslime nicht beleidigen wollen. Auf Twitter hatte Say unter anderem mit Blick auf die Koran-Beschreibung des Paradieses als Ort, an dem Bäche von Wein fließen, die Frage gestellt: „Ist das Paradies denn eine Kneipe für euch? Ihr sagt, auf jeden Gläubigen warten zwei Jungfrauen - ist das Pardies denn ein Bordell?“
Say ist bekennender Atheist und ein bekannter Kritiker der religiös-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. In einem Fernsehinterview im Dezember hatte Say der Erdogan-Partei AKP vorgeworfen, sie stehe hinter dem Prozess.
AFP
Mehr dazu:
- Türkei: Blasphemie-Prozess gegen Pianist erneut vertagt (religion.ORF.at; 15.2.2013)
- Türkei: Pianist Fazil Say kritisiert türkische Regierung (religion.ORF.at; 14.11.2012)