Polen: Stiftung für kirchliche Missbrauchsopfer

Opfer von Kindesmissbrauch durch Priester in Polen haben sich zusammengeschlossen. Eine neue Stiftung startet mit 15 Mitgliedern, berichtet der Radiosender TOK FM.

Die Mitglieder der neuen Stiftung sprechen zwar mit den Medien, geben ihre Nachnamen aus Angst vor Stigmatisierung aber nicht preis. Der Arbeitsname der Stiftung lautet „Fürchtet Euch nicht“. Das ist eine Anknüpfung an berühmte Worte von Papst Johannes Paul II. während seiner ersten Polenreise im Jahr 1979.

Die wichtigste Forderung der Stiftung ist, die Kirche solle einen Dialog mit den Sexualopfern von Priestern beginnen. „Wir wollen für die Kirche Partner sein. Heute betrachtet sie uns oft als Erpresser. Zu Gesprächen in den Kurien werden wir nicht eingeladen, sondern wie zum Verhör beinbestellt. Wir hoffen, dass das sich dank der Stiftung ändern wird“, erklärte einer der Mitgründer der Stiftung namens Marek, der im Alter von 14 Jahren von einem Priester in einem Kleinort der Diözese Plock sexuell belästigt worden sein soll, gegenüber der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“.

Kein Kommentar von Kirchenleitung

Die Stiftung will Personen, die ein ähnliches Schicksal wie Marek erlitten haben, helfen und das Ausmaß der Missbrauchsfälle in Polen untersuchen. „Wir wollen denjenigen, deren Fälle noch nicht verjährt sind, auch Rechtshilfe anbieten“, so Marek. Unterstützung bekommt die neue Organisation von der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte.

„Es ist wichtig, damit das nicht nur eine Bewegung der Opfer ist, sondern auch die Unterstützung der Autoritäten hat“, erklärte der Vizechef der Helsinki-Stiftung, Adam Bodnar, im Gespräch mit der „Gazeta Wyborcza“. Der Sprecher des polnischen Episkopats wollte die neue Initiative gegenüber der Zeitung vorerst nicht kommentieren.

Hohe Dunkelziffer vermutet

In Polen wurden bisher weniger Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche publik als in vielen anderen Ländern, jedoch tauchten in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Vorwürfe gegen Priester auf. So verurteilte etwa das Kreisgericht in Koszalin in Westpommern im Dezember des Vorjahres einen Geistlichen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Der Pfarrer hatte sich in mindestens zehn Fällen von Ministranten sexuell befriedigen lassen. Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer aus.

In einem Mitte März verabschiedeten Dokument, das Anweisungen für den Umgang mit Pädophilie-Fällen in der katholischen Kirche beinhaltet, versprach das polnische Episkopat keine Toleranz gegenüber Pädophilie unter Priestern. Die Bischöfe lehnen gleichzeitig finanzielle Entschädigungen vonseiten der Kirche für Opfer pädophiler Priester ab. Dafür seien vielmehr die Täter selbst zuständig, hieß es. Das Dokument muss noch vom Vatikan gebilligt werden.

religion.ORF.at/APA