Benedikt XVI. zurück im Vatikan

Benedikt XVI. ist nach neun Wochen in der Sommerresidenz Castel Gandolfo in den Vatikan zurückgekehrt, allerdings nicht mehr als Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken, sondern als emeritierter Papst.

Der emeritierte Papst Benedikt ist in den Vatikan zurückgekehrt. Er wurde bei seiner Ankunft von seinem Nachfolger Papst Franziskus herzlich empfangen. Der Argentinier erwartete den 86-Jährigen Joseph Ratzinger am Donnerstag in seinem neuen Zuhause, einem eigens für ihn umgebauten Kloster in den vatikanischen Gärten. Er begrüßte Benedikt mit „großer und brüderlicher Herzlichkeit“, wie der Vatikan mitteilte. Anschließend beteten die beiden Päpste gemeinsam in der kleinen Kapelle des früheren Klosters.

Mit der Rückkehr Ratzingers leben nun erstmals zwei Päpste gemeinsam hinter den Mauern des Kirchenstaates, nur wenige hundert Meter voneinander entfernt. Keiner der beiden bewohnt allerdings das für den Papst vorgesehene Appartement im Apostolischen Palast, denn Papst Franziskus wohnt nach wie vor im vatikanischen Gästehaus - mehr dazu in Papst Franziskus will nach wie vor nicht umziehen.

Ratzinger hatte vor dem Ende seines Pontifikats angekündigt, sich nicht in die Amtsgeschäfte seines Nachfolgers einmischen zu wollen und Franziskus Hochachtung und Gehorsam versprochen. Die beiden hatten sich bereits im März in Castel Gandolfo getroffen und mehrmals miteinander telefoniert.

Kloster Mater Ecclesiae

Reuters/Alessandro Bianchi

Der Alterssitz Benedikt XVI., das Kloster Mater Ecclesiae

Vier Schwestern und ein Sekretär

In seinem neuen Zuhause wohnt Benedikt gemeinsam mit seinem Privatsekretär Georg Gänswein und vier Schwestern, die sich um seinen Haushalt kümmern und für ihn kochen. „Der Papst ist zufrieden, in den Vatikan zurückzukehren, denn das ist jetzt die normale Situation für ihn“, hatte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi zuvor gesagt.

Mit einem Hubschrauber flog Benedikt zurück in den Vatikan. Dort wurde er von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, Kardinaldekan Angelo Sodano und weiteren Vatikan-Mitarbeitern empfangen. Mit einem Auto legte Ratzinger die letzten Meter zu seinem neuen Zuhause zurück, wo ihn Papst Franziskus begrüßte. Ratzinger hatte die vergangenen zwei Monate nach seinem Rücktritt Ende Februar in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo südlich von Rom verbracht.

Der zurückgetretene Papst lebt künftig in der wohl schönsten Grünanlage Roms, den vatikanischen Gärten, fast im Zentrum des Vatikan-Staates. Direkt vor seiner Haustür steht eine botanische Rarität, die gut zu seinem Nachfolger passt: Ein Korallenbaum mit hellroten Blüten. Beheimatet ist er in Argentinien und anderen südamerikanischen Ländern.

Ehemaliges Gärtnerhaus

Der Alterssitz Benedikts XVI. diente einst als Gärtnerhaus. Auf Wunsch von Johannes Paul II. wurde das mehrstöckige Anwesen zu einem Kloster umgebaut. Von 1994 bis zum Herbst 2012 lebten hier jeweils für einige Jahre Klarissen, Unbeschuhte Karmelitinnen, Benediktinerinnen und Salesianerinnen, um für die Kirche zu beten. Das Anwesen selbst hat allerdings nichts von einem ehrwürdigen Kloster und noch weniger von einem idyllischen Gärtnerhaus. Dafür ähnelt es umso mehr einem etwas klobigen, modernen Zweckbau. Die Zufahrt ist durch ein großes Stahltor gesichert.

Das neue Domizil Benedikts XVI. sei zwar klein, aber gut vorbereitet, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Mittwoch. Es gebe ein Arbeitszimmer und eine kleine Bibliothek. Ob auch Franziskus seinen Vorgänger gelegentlich aufsuchen oder mit ihm durch die Gärten spazieren wird, ist bisher noch unklar. Auf jeden Fall steht für seinen Bruder Georg Ratzinger ein eigenes Gästezimmer zur Verfügung.

Schwere Krankheit dementiert

Die Gerüchteküche, so scheint es, hat Benedikt XVI. vorerst in Castel Gandolfo zurückgelassen. Spekulationen über eine schwere Erkrankung des emeritierten Papstes dürften jedenfalls vorübergehend weniger Glauben finden. Sie wurden zuletzt aus berufenem Munde zurückgewiesen. Benedikt XVI. sei „ein alter Mann, der aufgrund seines Alters geschwächt ist, aber er hat keine Krankheit“, ließ der Vatikan durch seinen Sprecher mitteilen.

Papst Franziskus und Benedikt XVI. umarmen einander

APA/EPA/Osservatore Romano

Papst Franziskus und Benedikt XVI. bei einem Treffen am 23. März

Auch Bruder Georg Ratzinger hatte zuvor im Gespräch mit der britischen Zeitung „Daily Telegraph“ eine schwere Erkrankung des emeritierten Papstes verneint. Vor fünf Wochen hatte Benedikt XVI. auf Bildern des vatikanischen Fernsehens von seiner Begegnung mit Papst Franziskus geschwächt und gealtert gewirkt. Augenzeugen berichten hingegen, dass sich Joseph Ratzinger seit seinem Rücktritt erholt habe und es ihm gegenwärtig bessergehe als noch vor einigen Wochen.

Ruhiger Lebensabend

Historisch gesehen ist die Unterbringung des zurückgetretenen Papstes allemal komfortabel. Cölestin V. (1294), einer der Handvoll anderer Päpste, die vor Benedikt XVI. aus freien Stücken zurücktraten, wurde von seinem Nachfolger Bonifaz VIII. in einer Burg nahe Roms gefangen gehalten, zwar nicht im düsteren Kerker, aber immerhin in lockerer Haft.

Es ist kein großes Comeback Benedikts XVI. auf der kirchenpolitischen Bühne, sondern eine stille Rückkehr. Und auch in Zukunft dürfte man nicht mehr allzu viel von Benedikt XVI. sehen und hören. Er wird sich hauptsächlich dem stillen Gebet widmen und weitgehend unsichtbar bleiben: So möchte er es haben.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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