Medien: Papst will Maradiaga als Bertone-Nachfolger

Im Vatikan scheint die Zeit reif für erste große Neubesetzungen. Laut italienischen Medien könnte schon bald der umstrittene Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone, abgelöst werden.

Medienberichten zufolge will Papst Franziskus den Kardinal aus Honduras Oscar Rodriguez Maradiaga anstelle von Kardinal Tarcisio Bertone einsetzen. Das berichtete der gewöhnlich gut informierte „Il Messaggero“ am Freitag. Bertone ist der provisorische Kardinalstaatssekretär, bis ein neuer bestellt wird. Er war vor allem rund um die Affäre „Vatileaks“ schwer unter Beschuss geraten.

Nachdem der Papst ein achtköpfiges Kardinalsdirektorium ernannt hat, das ihm beratend bei der Leitung der Weltkirche zur Seite stehen soll, rechnen Vatikan-Insider mit weiteren Personalveränderungen im Vatikan im Sommer. Mehrere Schlüsselpositionen in der römischen Kurie könnten mit Vertrauensleuten des argentinischen Pontifex neu besetzt werden.

Oscar Rodriguez Maradiaga

APA/EPA/ANSA/Maurizio Brambatti

Oscar Rodriguez Maradiaga

Maradiaga auch in Reformgruppe

Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa in Honduras und Präsidenten der internationalen Caritas, war von Papst Franziskus im April zum Koordinator einer Gruppe von acht Kardinälen berufen worden, die Vorschläge für eine Reform der römischen Kurie erarbeiten soll. Die Kommission soll auch bei einem Plan zur Reform der „Pastor Bonus“, der Verfassung der römischen Kurie, mitwirken.

Die acht Kardinäle werden zum ersten Mal im Oktober zusammentreffen. Franziskus hat aber bereits mit ihnen Kontakt aufgenommen. Dem neuen Kardinalsdirektorium gehören Kardinäle aus allen fünf Kontinenten an.

Favorit des Papstes

Der 70-jährige sprachgewandte Maradiaga, selbst unter den Papabili beim vergangenen Konklave, ist einer der engsten Vertrauten Papst Franziskus. Franziskus könnte ihn nach seiner Brasilien-Reise Ende Juli zum neuen vatikanischen Staatssekretär ernennen, berichtete das Blatt. Der Papst wird vom 22. bis 28. Juli an dem Weltjugendtreffen teilnehmen.

Rodriguez Maradiaga wurde am 29. Dezember 1942 in Tegucigalpa in Honduras geboren, studierte katholische Theologie, Klavier und Komposition, Physik, Mathematik, Chemie, Philosophie und Psychologie in Tegucigalpa, Rom und Innsbruck. Mit 28 Jahren empfing er die Priesterweihe, und unterrichtete Chemie, Physik und Mathematik.

Morddrohungen wegen sozialen Engagements

In Innsbruck erwarb Rodriguez Maradiaga auch ein Diplom in klinischer Psychologie und Psychotherapie. Er ist als Psychotherapeut Mitglied in der Europäischen Gesellschaft für Verhaltenstherapie. Seit 1993 ist er Erzbischof von Tegucigalpa, seit 2007 Präsident der internationalen Caritas. Zudem ist er Mitglied im Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden. In Lateinamerika gilt Maradiaga als Bindeglied zwischen konservativen und progressiven Strömungen.

Der 70-jährige Salesianer Don Boscos setzt sich in seinem Land für die Rechte der Armen und gegen Korruption ein. Allseits anerkannt, wird er oft bei Konflikten als schlichtende Figur aufgesucht. Er spricht sechs Sprachen, spielt Klavier und Saxophon und besitzt einen Flugschein. Er gilt als entschiedener Gegner einer rein von der Wirtschaft dominierten Globalisierung. Dieses Problem sei ethischer Natur, so Maradiaga. Sein sozialpolitisches Engagement brachte ihm nicht nur Zustimmung, sondern auch Morddrohungen ein.

religion.ORF.at/APA

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