Theologe Körtner kritisiert Reformationsdokument

Der Wiener Theologe Ulrich Körtner steht dem von Lutheranern und Katholiken gemeinsam erarbeiteten Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ zum Reformationsjubiläum 2017 kritisch gegenüber.

Weit weniger positiv als die Deutsche Bischofskonferenz und der Lutherische Weltbund hat der Wiener evangelische Theologe Ulrich H. J. Körtner das Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ beurteilt, das eine gemeinsame lutherisch-katholische Geschichtsaufarbeitung der Reformation enthält - mehr dazu in Reformationsjahr 2017: Geschichte ökumenisch gedeutet.

Ulrich Körtner

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Ulrich Körtner

Das Dokument stelle eine „weichgespülte Lesart reformatorischer Theologie“ dar und vermittle den „Eindruck eines Luthertums, das an sich selbst irrezuwerden und die Orientierung hinsichtlich seiner geschichtlichen Sendung zu verlieren droht“, so Körtner. Das Reformationsjubiläum 2017 sei „zu wichtig, als dass man es dem Lutherischen Weltbund überlassen dürfe“, wolle er den anderen protestantischen Kirchen zurufen, betonte der Theologe Helvetischen Bekenntnisses.

„Einseitige Sichtweise“ auf Reformation

Kritik äußerte der Vorstand des Instituts für Systematische Theologie und Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien unter anderem über die „einseitige“ Sichtweise auf die Reformation, die von Klage über Spaltung und Bekenntnis von Sünden gegen die Einheit der Kirche geprägt sei. Körtner: „Dass die Reformation ein religiöser Aufbruch war, für den man bis heute nur dankbar sein kann, sucht man in dem Bericht vergebens.“

Ebenfalls auf Ablehnung des Theologen stößt die gemeinsame Lesart der lutherisch-katholischen Einheitskommission: Sie orientiere sich an Luthers Frage nach einem gnädigen Gott, würde aber seiner Antwort keinen Platz einräumen: „Wohl unterstreicht das Dokument in ökumenischer Eintracht den Gedanken, dass der Mensch allein aus Gnade und allein um Christi willen gerechtfertigt und gerettet wird. Aber dass dies allein durch den Glauben geschieht, stellt der Text eben nicht klar heraus.“

Ein weiterer Schwachpunkt sei, dass das Dokument alle historischen Konflikte als unglückliche wechselseitige Missverständnisse und menschliche Versäumnisse abschwäche - „so dass man sich am Ende fragt, warum die Reformation überhaupt stattfinden musste.“

Kritik an Beschränkung auf Luther

Unglücklich ist Körtner weiters über die Engführung der Reformation allein auf die Person Martin Luthers - „das Gegenteil von dem, was für das Reformationsjubiläum 2017 geplant ist“: Auf Reformatoren zweiter Generation wie Zwingli, Melanchthon, Bucer oder Calvin und ihre theologische Eigenständigkeit werde nicht eingegangen und reformierte Tradition komme kaum zur Sprache.

Ignoriert würden auch die innerprotestantische Ökumene, die Leuenberger Konkordie von 1973 und die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, während die Autoren der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999 zu viel Bedeutung beigemessen hätten. Besonders „starker Tobak“ sei es, dass deren Unterzeichnung „auch noch als heilsgeschichtlicher Beweis“ dafür herhalten müsse, dass das lutherische ordinierte Amt im „in der Lage war, seine Aufgabe zu erfüllen, die Kirche in der Wahrheit zu bewahren“, so Körtner.

KAP