Piusbrüder: Antwort an Vatikan steht immer noch aus

Der Vatikan wartet offenbar nach wie vor auf eine Antwort der Piusbruderschaft auf das lehrmäßige Dokument, das ihr schon vor über einem Jahr übermittelt wurde.

Im Lehrstreit zwischen dem Vatikan und der Piusbruderschaft sieht der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation den Ball im Feld der Traditionalisten. Schon vor über einem Jahr habe Rom der Piusbruderschaft ein lehrmäßiges Dokument zur Annahme überstellt, sagte Kurienerzbischof Gerhard Ludwig Müller in einem am Mittwoch in Osnabrück vorab veröffentlichten Interview mit deutschen katholischen Diözesanzeitungen. Eine offizielle Antwort darauf stehe nach wie vor aus.

Müller betonte, die Bruderschaft als ganze sei aufgefordert, das Dokument anzunehmen, das zentrale Inhalte des katholischen Lehramts definiert: „Unabhängig davon ist immer noch der einzelne Priester völlig frei, von sich aus in die Einheit mit der katholischen Kirche, mit dem Papst und den Bischöfen zurückzukehren.“

Mehrjährige Lehrgespräche

Weiter sagte Müller, Papst Benedikt XVI., der die Gespräche mit den seit 25 Jahren von Rom getrennten Traditionalisten vorantrieb, habe immer „klar gesagt, dass wichtige Lehrfragen zu klären sind“ und dass die Mitglieder der Bruderschaft „bis dahin suspendiert bleiben und ihr Priester- und Bischofsamt nicht legitim ausüben können“. Aus den mehrjährigen Lehrgesprächen mit den Piusbrüdern sei dann die „dogmatische Präambel“ des Vatikan hervorgegangen.

Die „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Die Konzilslehren hätten die Tradition der Kirche zerstört, so Lefebvre, der selbst am Konzil teilnahm. Die Piusbruderschaft sieht sich als Bewahrerin der Tradition der „Heiligen Römischen Kirche“.

Antikonziliare Haltung

Anfangs kirchlich anerkannt, zeigte sich die Piusbruderschaft zunehmend antikonziliar. 1975 entzog Rom ihr die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er am 30. Juni 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu. Die Weihen Lefebvres sowie die der von ihm Geweihten sind nach dem Kirchenrecht zwar unrechtmäßig, aber gültig.

Benedikt XVI. ließ 2007 die alte lateinische Messe als Sonderform wieder zu und erfüllte damit eine Bedingung der Bruderschaft für die Aufnahme offizieller Gespräche. Im Januar 2009 hob er als weitere Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Damit haben diese die Rechte katholischer Laien; die Ausübung kirchlicher Ämter ist ihnen aber weiter untersagt.

Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Im September 2011 legte der Vatikan den Piusbrüdern eine „Lehrmäßige Erklärung“ über grundlegende Glaubenslehren zur Unterzeichnung vor; davon hängt eine mögliche Wiedereingliederung der Bruderschaft in die katholische Kirche ab. Seit Frühjahr 2012 scheint der Prozess zum Stillstand gekommen.

KAP