Leonardo Boff erwartet Zeichen vom Papst in Rio

Der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff (74) erwartet von Papst Franziskus „entscheidende Zeichen“ bei seiner ersten Auslandsreise. Denn er bringe ein neues Verständnis von der Rolle des Papstes.

Dass Papst Franziskus ein Armenviertel von Rio de Janeiro besuchen wird und weiterhin durch seine Bescheidenheit auffällt, wertet Leonardo Boff als Hinweis darauf, dass er wichtige Zeichen beim Weltjugendtag (WJT) setzen wird. Franziskus habe es abgelehnt, „in einer Suite unterzukommen und wählte stattdessen ein einfaches Zimmer“, zitiert die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA ein „Tagesspiegel“-Interview.

Leonardo Boff

Reuters/Jamil Bittar

Leonardo Boff 2005

Neues Verständnis des Papstamtes

Boff erklärte, seit seiner Wahl im März habe Papst Franziskus bereits wichtige Impulse gesetzt. So habe er seine Arbeit nicht mit der Reform der römischen Kurie begonnen, sondern mit der Erneuerung des Papstamtes. „Er will beweisen, dass der Papst selbst mit gutem Beispiel vorangehen muss“, sagte der Theologe. „Er ist bescheiden, direkt, nah bei den Menschen und frei von Symbolen der Macht.“ Dies sei kein Populismus, „sondern tief empfundene Liebe zu den Armen und ein neues Verständnis von der Rolle des Papstes“.

Rückenwind für den Kampf um soziale Gerechtigkeit

Boff äußerte die Hoffnung, „dass Franziskus den Kräften in Lateinamerika Rückenwind verleihen wird, die für die soziale Gerechtigkeit kämpfen“. Diese Aufgabe sei unter den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. vernachlässigt worden. „Kirchenmänner, die sich ihr widmeten, wurden bekämpft“, kritisierte der Theologe.

Boff ist einer der bekanntesten Vertreter der Theologie der Befreiung. Sie entstand in den 1960er- und 1970er-Jahren angesichts der politischen und sozialen Lage in Lateinamerika. In ihrem Mittelpunkt steht die „Option für die Armen“. Die vatikanische Glaubenskongregation unter Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., stellte 1984 und 1986 die Unvereinbarkeit zwischen der kirchlichen Lehre und einer marxistisch verstandenen Befreiungstheologie fest. Der Vatikan erteilte Boff 1985 ein Rede-und Lehrverbot. Sieben Jahre später gab der Brasilianer sein Priesteramt auf und verließ den Franziskanerorden.

KAP

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