Papst in Rio: Enthusiasmus hält Polizei in Atem

Mit Begeisterungsstürmen und Protesten wurde Papst Franziskus in Brasilien empfangen. Bei der Fahrt vom Flughafen ins Zentrum von Rio de Janeiro umringten Hunderte sein Auto. Eskortiert wurde er nur von wenigen Leibwächtern sowie drei Polizeiwagen.

Der Sekretär des Papstes habe es mit der Angst zu tun bekommen, doch der Papst sei gelassen geblieben und habe den Menschen zugewinkt, berichtete Vatikan-Sprecher Federico Lombardi später. Lombardi sprach von einer „einzigartigen Erfahrung“ und dem „großen Enthusiasmus“ der Menschen. Nur für das letzte Stück zum Gouverneurspalast gab der Papst den Bedenken der Sicherheitsbehörden nach und bestieg anders als vorgesehen einen Hubschrauber. Außer Kontrolle geriet die Sicherheitslage laut Lombardi nicht.

Papst Franziskus in der Menschenmenge

Reuters/Ueslei Marcelino

Begeisterung sichtlich beiderseits

Der Papst sei „sehr zufrieden“ mit seinem Empfang in Rio. Die einzige kurzfristige Programmänderung, die man aus Sicherheitserwägungen vorgenommen habe, sei der Flug mit dem Hubschrauber auf dem letzten Teil der Strecke zum Gouverneurspalast gewesen. Der Flug sei auf Wunsch der brasilianischen Behörden erfolgt, um ein Zusammentreffen mit Demonstranten in der Nähe des Gebäudes zu verhindern, erläuterte der Vatikan-Sprecher.

Am Abend demonstrierten dann Hunderte Menschen gegen die hohen Kosten des Papst-Besuchs. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein, es gab mehrere Verletzte.

Rechtsanwalt der Jugend

Im Gouverneurspalast angekommen, der vor wenigen Tagen ebenfalls noch Schauplatz von Protesten war, zeigte sich Franziskus entspannt und gut aufgelegt. In seiner Rede während der offiziellen Begrüßungszeremonie durch Staatspräsidentin Dilma Rousseff rückte er den eigentlichen Anlass seiner Reise in den Vordergrund: den 28. Weltjugendtag.

„Ich bin gekommen, um junge Leute aus allen Teilen der Welt zu treffen, die von den offenen Armen Christi des Erlösers angezogen werden.“ Er forderte dazu auf, die materiellen und geistigen Voraussetzungen zu schaffen, damit sich die Jugendlichen voll entfalten könnten. Ihnen müssten Sicherheit, Bildung, bleibende Werte und ein „transzendentaler Horizont“ vermittelt werden.

Papst Franziskus in der Menschenmenge

Reuters/Ueslei Marcelino

Bereits im Vorfeld gab es Proteste in Brasilien

Auf die jüngsten Unruhen in Brasilien ging der Papst in der ersten Rede seines Besuchs nicht unmittelbar ein. „Ich bitte eintreten und diese Woche mit ihnen verbringen zu dürfen. Ich habe weder Gold noch Silber, aber ich bringe das Wertvollste, das mir gegeben wurde: Jesus Christus.“ Auffallend war, dass Franziskus auch im Ausland von sich selbst als Bischof von Rom sprach.

Rousseff beeindruckt von Lampedusa-Besuch

Die zuletzt unter Druck geratene Staatspräsidentin Rousseff nutzte die Gelegenheit, um für ihren „Pakt für Brasilien“ zu werben und die Vision einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft in Brasilien zu entwerfen. Lombardi zufolge sei im Mittelpunkt des Gesprächs die Lage von Jugendlichen sowie das Thema Flüchtlinge gestanden. Rousseff zeigte sich außerdem sehr beeindruckt vom Besuch des Papstes auf Lampedusa.

Die Sicherheitskräfte, die zumindest vor dem Gouverneurspalast in größerer Zahl Dienst taten, hatten offenbar den Wunsch des Papstes beherzigt: Die meisten trugen keine automatischen Waffen. Die Stimmung war friedlich und entspannt.

Papst Franziskus in der Menschenmenge

Reuters/Pilar Olivares

Franziskus mit der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff

Bombenfund in Aparecida

Dabei bereiten auch andere Vorfälle Brasiliens Sicherheitskräften Kopfzerbrechen. So waren am Montag in einer öffentlichen Toilette in der Nähe der Wallfahrtskirche von Aparecida, die Franziskus am Mittwoch besuchen wird, ein Sprengsatz gefunden worden.

Dies habe jedoch nichts mit dem für Mittwoch geplanten Besuch von Franziskus dort zu tun, sagte Vatikan-Sprecher Lombardi unter Berufung auf die brasilianische Polizei. Der Fund werde sich nicht auf die Papst-Reise auswirken, es bestehe „kein Anlass zu großer Sorge“, und auch Franziskus habe keine Angst.

Auch alte Menschen im Fokus

Dabei hatte die Reise am Montagmorgen mit einer Überraschung begonnen: Auf dem Weg zum Weltjugendtag prangerte der Papst nicht etwa nur die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern an. Er beklagte auch die gesellschaftliche Ausgrenzung alter Menschen. Das, was für viele alte Menschen schon längst Realität sei, dass sie als vermeintlich nutzlose Gruppe an den Rand gedrängt würden, drohe auch den arbeitslosen Jugendlichen, so Franziskus.

Jugendliche, die keine Arbeit hätten, verlören ihre Würde. Die Botschaft des Papstes für den Weltjugendtag lautete: Die Jugendlichen müssten besser in ihr soziales Umfeld integriert werden. Familie, Gesellschaft, Vaterland und Glauben müssten ihnen mehr Rückhalt geben, forderte der Papst.

Keine Interviews während des langen Flugs

Im Gegensatz zu Benedikt XVI. und Johannes Paul II. hatte Franziskus auf eine Pressekonferenz während des Flugs von Rom nach Rio verzichtet. Er wisse selbst nicht so genau, warum er keine Interviews gebe, gestand er den Journalisten. Er fühle sich unter ihnen ein bisschen wie der Prophet Daniel in Löwengrube. Möglicherweise sei ihm das zu anstrengend, sagte der Papst, der sich um eine gute Presse bisher nicht sorgen musste.

Am Dienstag kann sich der Papst zunächst von den Strapazen des rund zwölfstündigen Flugs erholen. Öffentliche Termine sind nicht vorgesehen. Der Eröffnungsgottesdienst des Weltjugendtags am Nachmittag findet traditionell ohne den Papst statt.

religion.ORF.at/KAP

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