Neue Oberrabbiner für Israel gewählt
Bei den europäischstämmigen aschkenasischen Juden setzte sich der Rabbiner in Modiin, David Lau (46), durch. Bei den aus dem Orient stammenden sephardischen, spanisch geprägten Juden machte der Leiter der Thora-Schule Hazon Ovadia, Rabbiner Jitzhak Josef (61), das Rennen, berichtete die Zeitung „Haaretz“.
Insgesamt gab es acht Kandidaten, aus denen ein Wahlmännergremium mit 150 Mitgliedern die neuen geistigen Oberhäupter auswählte. Die Versammlung, die alle zehn Jahre zusammentritt, bestand aus Ministern, Parlamentsabgeordneten, Rabbinern, Bürgermeistern, Richtern an Religionsgerichten, örtlichen Gemeindevertretern und Repräsentanten der Zivilgesellschaft.
Unterstützung strengreligiöser Kreise
Lau, Sohn des früheren aschkenasischen Oberrabbiners Israel Meir Lau, war bisher Oberrabbiner im zentralisraelischen Modi’in. Im Vorfeld der Wahl plädierte er für einen Abbau der Bürokratie im Großrabbinat. Lau genießt laut israelischen Medien Unterstützung in strengreligiösen aschkenasischen Kreisen.
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Der neue sephardische Oberrabbiner Jitzhak Josef, ebenfalls Sohn eines früheren Oberrabbiners, amtiert derzeit als Richter an einem Rabbinatsgericht und Leiter der Hazon-Ovadia-Jeschiva, einer religiösen Schule in Jerusalem. Sein Vater Ovadia Josef (92) ist geistliche Autorität der ultraorthodoxen Schas-Partei. Jitzhak Josef selbst hatte bisher kein höheres öffentliches Amt inne.
Um die Posten der beiden höchsten religiösen Autoritäten des Landes hatten sich zuletzt sechs Kandidaten beworben, darunter der umstrittene Oberrabbiner des nordisraelischen Safed, Schmuel Elijahu, der wegen abfälliger Äußerungen über Araber in die Kritik geraten war. Drei weitere Kandidaten hatten sich kurz vor der Wahl zurückgezogen.
Die Wahl erfolgte in geheimer Abstimmung in einem Jerusalemer Hotel. Die Amtszeit beträgt zehn Jahre, beide Großrabbiner lösen sich in der Führung der obersten Gremien nach fünf Jahren ab.
Neue Rabbiner unter Modernisierungsdruck
Beide werden unter Druck stehen, das Oberrabbinat zu modernisieren und Korruption zu bekämpfen. Auch in der Politik gibt es Pläne für eine Reform. Das Oberrabbinat hat in Israel erheblichen Einfluss. Die beiden Großrabbiner fungieren als Ratsvorsitzender des Großrabbinats und als Präsident des Obersten Rabbinergerichts. Sie wechseln sich in diesen Funktionen nach fünf Jahren ab. Da es in Israel keine völlige Trennung von Religion und Staat gibt, fallen den Großrabbinern Kompetenzen zu, die anderswo staatliche Aufgabe sind.
Die wichtigste Aufgabe der Großrabbiner ist die Definition und Aktualisierung der Standards für die jüdischen Speisegesetze, also die Regeln, was als koscher eingestuft wird. Weitere Felder sind die Aufsicht über Eheschließungen, Glaubensübertritte und Scheidungen. Die oftmalige Benachteiligung von Frauen in Scheidungsverfahren ist in Israel ein akutes gesellschaftliches Streitthema.
Reformen auf Schiene
Justizministerin Tzipi Livni und Religionsminister Naftali Bennett hatten am Dienstag Pläne vorgestellt, die beiden Großrabbinatsposten in einem einzigen Amt zusammenzulegen und von der Funktion des Rabbinergerichtspräsidenten zu trennen. Der Vorschlag sieht vor, dass kein Oberrabbiner während seiner Amtszeit als religiöser Richter tätig sein darf.
Israels aschkenasischer Oberrabbiner Jona Metzger, einer der beiden Oberrabbiner Israels, hatte sein Amt vorübergehend niedergelegt. Er war Mitte Juni wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen worden - mehr dazu in Hausarrest: Israels Oberrabbiner suspendiert sich selbst.
religion.ORF.at/KAP/APA/dpa/AFP