Saudi-Arabien: Freilassung für Blogger gefordert

Ein Gericht in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda hat den Gründer einer liberalen Website, Raif Badawi, zu sieben Jahren Haft und 600 Peitschenhieben verurteilt. Jetzt werden Stimmen laut, die seine Freilassung fordern.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Badawi den Islam beleidigt und gegen das Gesetz zur Cyberkriminalität in Saudi-Arabien verstoßen habe, berichtete der „Spiegel“ (Onlineausgabe) am Mittwoch. Außerdem bestrafte ihn der Richter wegen Ungehorsams gegenüber seinem Vater, mit dem er mehrfach in der Öffentlichkeit über seine religiösen Ansichten gestritten haben soll.

Das Urteil ist der vorläufige Höhepunkt einer langjährigen Auseinandersetzung zwischen Badawi und der saudi-arabischen Justiz. 2008 gründete er das Onlineforum „Freie Saudische Liberale“, mit dem er eine Debatte über Politik und Religion in dem konservativen Königreich anstoßen wollte. Seither hat ihn die Religionspolizei mehrfach festgenommen.

Ö: Laizisten kritisieren Dialogzentrum

In Österreich äußerte sich die Initiative „Religion ist Privatsache“ zum Fall Badawi. Sie fordert Außenminister Spindelegger auf, sich unmissverständlich für die sofortige Freilassung des islamkritischen Demokratieaktivisten einzusetzen. Außerdem solle sich die Republik unverzüglich aus dem 2012 in Wien gegründeten „König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog (KAICIID)“ zurückziehen, so die Initiative in einer Aussendung.

Raif Badawi auf Twitter

Screenshot Twitter

Twitter-Seite von Raif Badawi

„Während in einer der finstersten Diktaturen der Welt Religionskritiker und Demokratieaktivisten nach Schauprozessen eingekerkert und gefoltert werden, macht sich die Republik Österreich aufgrund ihrer Beteiligung an diesem saudisch-wahhabitische Vorzeigeprojekt zunehmend der aktiven Mittäterschaft schuldig“, so Initiative-Sprecher Eytan Reif.

Grüne: „Tolerantes Mäntelchen“ für Saudis

Auch die außenpolitische und Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun hat die Verurteilung Badawis scharf verurteilt. Sie forderte den Außenminister ebenfalls auf, sich bei Saudi-Arabien für dessen Freilassung einzusetzen.

„Ich lade Herrn Außenminister Spindelegger zu einem anderen ‚Dialog‘ mit Saudi-Arabien ein, damit diese unglaubliche Verletzung der Meinungs- und Religionsfreiheit zurückgenommen und Raif Badawi freigelassen wird“, so Korun in einer Aussendung von Donnerstag.

„Mit dem sogenannten König-Abdullah-Dialogzentrum in Wien versucht sich das wahabitische Regime in Saudi-Arabien mit tatkräftiger Unterstützung unserer Bundesregierung ein tolerantes Mäntelchen umzuhängen, während Menschen in Saudi-Arabien, die einfach ihre Meinung sagen und religiöse Dogmen oder Fundamentalismen kritisieren, im Gefängnis landen. (...) Spindelegger muss sich mit aller Kraft und öffentlich für die Freilassung dieser Opfer des Regimes einsetzen und endlich erkennen, mit wem er da ‚dialogisieren‘ will“, so Korun.

Anklage schon 2011

Gegen Badawi wurde bereits 2011 Anklage erhoben. Wegen fünf Beiträgen, in denen Badawi islamische Autoritäten beleidigt haben soll und theologische Grundsatzfragen erörterte, beschuldigte ihn die Justiz, religiöse Werte angegriffen zu haben. Der Rechtsgelehrte Abd al-Rahman al-Barrak erließ im März 2012 ein Rechtsgutachten, in dem er Badawi zu einem Ungläubigen erklärte, „der angeklagt und verurteilt werden muss, wie er es verdient“. Badawi habe Muslime, Christen, Juden und Atheisten als gleichwertig bezeichnet - das dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, so al-Barrak.

Badawi wurde zuletzt am 17. Juni 2012 festgenommen. Seine Frau und die drei gemeinsamen Kinder flohen nach Beirut. Ende Dezember wurde das Verfahren gegen ihn eröffnet. Die Behörden klagten ihn auch an, weil er vom Islam abgefallen sein soll. Darauf steht in Saudi-Arabien die Todesstrafe.

Der Blogger ist nur einer von mehreren prominenten Religionskritikern, die in Saudi-Arabien verfolgt werden. Im vergangenen Jahr sorgte der Fall Hamza Kashgari für internationales Aufsehen. Der junge Journalist und Blogger wurde verhaftet, weil er nach Auffassung der Religionsbehörden in Riad den islamischen Propheten Mohammed beleidigt haben soll. Seit Februar 2012 ist er in Haft und wartet auf sein Urteil.

APA/religion.ORF.at

Links: