Angriffe auf Kirchen in Ägypten: UNO alarmiert

Die koptischen Christen in Ägypten haben unter der blutigen Konfrontation zwischen Islamisten und Staatsmacht besonders zu leiden. Die Vereinten Nationen zeigen sich alarmiert über Angriffe auf Kirchen und christliche Einrichtungen.

Nach Angaben der Polizei und christlicher Aktivisten wurden bereits 26 Kirchen verwüstet. Unabhängige Ermittlungen seien dringend nötig, um die „tragischen Ereignisse in Kairo und die Attacken auf religiöse Minderheiten“ aufzuklären, forderten die UNO-Sonderberater für Schutz vor Völkermord, Jennifer Welsh und Adama Dieng, am Freitag in Genf. Gewalttäter müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Alle Ägypter sollten „verantwortlich handeln und sich der Gewalt als Ausdruck ihrer Probleme enthalten, vor allem durch Angriffe auf religiöse Minderheiten und Einrichtungen oder durch eine Sprache und ein Verhalten, die die Spannungen verschärfen könnten“, hieß es.

UNO: Ägypten „am Scheideweg“

Würden keine Maßnahmen zum Schutz der christlichen Gemeinden ergriffen, bestünde Gefahr einer weiter zunehmenden Gewalt, so die beiden UN-Sonderberater. Ägypten, das „am Scheideweg“ sei, müsse nun vorrangig „die Achtung der Menschenrechte und des gleichen Schutzes aller Menschen sicherstellen, unabhängig von ihrer politischen und religiösen Zugehörigkeit“.

Nachdem die Polizei am Mittwoch mit der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Islamisten in Kairo begonnen hatte, attackierten Sympathisanten der Protestierenden Gotteshäuser und andere Einrichtungen der christlichen Minderheit in neun Provinzen. Rund 600 Menschen kamen bei den landesweiten Kämpfen bisher ums Leben. Sie hatten sich an der gewaltsamen Räumung der zwei großen Protestlager von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi in Kairo entzündet.

Ausgebrannte koptische Kirche in Minja, Ägypten

APA/EPA/Giro Mais

Zerstörungen im Inneren einer koptische Kirche in al-Minja, Ägypten

Dabei wurden nach Angaben der Polizei und christlicher Aktivisten 26 Kirchen verwüstet. Die Angreifer warfen unter anderem Brandbomben auf die Gebäude. 13 weitere Gotteshäuser wurden leicht beschädigt. Außerdem attackierten die Extremisten sechs christliche Schulen und vier Gemeindezentren. In Suez wurde eine Schule der Franziskaner angezündet.

„Kopten dürfen nicht zu Sündenböcken werden“

In den südlichen Provinzen al-Minja und Luxor zerstörten radikale Islamisten zudem Häuser, Autos, Geschäfte und Nil-Ausflugsbote, die Christen gehören. In Luxor zündeten sie zwei Etagen eines Hotels an, das einem Christen gehört. Touristen wurden nicht verletzt.

Der Koordinator der ägyptischen Bewegung gegen religiöse Diskriminierung, Munir Megahed, hatte vor Beginn des Polizeieinsatzes gegen die Protestlager der Anhänger von Ex-Präsident Mohammed Mursi berichtet, es habe in den letzten Wochen verstärkt Drohungen gegen Christen gegeben. Megahed sagte damals: „Die Kopten dürfen nicht zu Sündenböcken werden.“

Ausgebrannte koptische Kirche in Minja, Ägypten

APA/EPA/Giro Mais

Nach Angaben der Polizei und christlicher Aktivisten wurden 26 Kirchen verwüstet

In Kairo herrschten „bürgerkriegsähnliche Zustände“, sagte Pfarrer Joachim Schroedel, dessen Gemeindezentrum in der Innenstadt unweit dem Tahrir-Platz liegt, am Mittwoch der deutschen katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zurückhaltend bewertete Schroedel „Horrorzahlen“ von Hunderten oder Tausenden Toten bei der Räumung des von Mursi-Anhängern besetzten Nahda-Platzes nahe der Universität.

Zollitsch „entsetzt“

„Ich bin entsetzt über die zunehmenden Angriffe gegen Christen (...)“, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, laut einer am Freitag in Bonn verbreiteten Mitteilung.

Er verurteilte die blutigen Zusammenstöße scharf: „Hass und Gewalt weisen keinen Weg aus der politischen Krise und töten jede Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Auseinandersetzungen zwischen der Staatsmacht und den Muslimbrüdern.“ Schuldzuweisungen - auch gegen Christen - trügen „weder zur Versöhnung noch zu dem dringend notwendigen Vertrauen in Ägypten bei“.

religion.ORF.at/APA/dpa

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