VfGH erneut mit Kirchenbeitrag beschäftigt

Österreichs Kirchenkritiker versuchen einen neuen Anlauf gegen die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags. Der Sprecher der „Initiative Religion ist Privatsache“, Eytan Reif, hat Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) erhoben.

Wie die „Initiative Religion ist Privatsache“ am Mittwoch mitteilte, habe man gegen einen Bescheid des Unabhängigen Finanzsenats Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht. Eytan Reif, Sprecher der Initiative, hatte versucht, seinen Mitgliedsbeitrag für seinen Verein wie einen Kirchenbeitrag steuerlich abzusetzen und war damit gescheitert. Nach seiner Ansicht werden damit gleich mehrere Verfassungsbestimmungen, unter anderem der Gleichheitsgrundsatz, verletzt. Religionsrechtsexperte Richard Potz gibt der Beschwerde nur wenig Chancen.

Bereits im Vorjahr hatte der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde des Freidenkerbunds gegen die steuerliche Absetzbarkeit - diese gilt für Beiträge bis zu 400 Euro im Jahr - aus Formalgründen abgewiesen. Damals sah der VfGH die Vereinigung dazu nicht legitimiert, weil sie selbst keine Steuern bezahle und somit nicht unmittelbar in ihren Rechten verletzt sei. Zudem gebe es einen „zumutbaren Umweg“, eine Beschwerde einzubringen - nämlich den Steuerbescheid einer einzelnen Person im Instanzenzug anzufechten.

Der Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofs

APA/Hans Klaus Techt

Der Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofs, der 2012 vom Wiener Judenplatz in die Renngasse an der Freyung übersiedelte

„Unsachliche Privilegierung“

Genau diesen Weg beschreitet nun Reif für die „Initiative Religion ist Privatsache“. Er hofft, dass die Verfassungsrichter erkennen mögen, dass das Einkommenssteuergesetz in diesem Punkt eine „unsachliche Privilegierung religiöser Steuerpflichtiger“ sei. Das Ziel der Beschwerde ist aber nicht, dass künftig auch Mitglieder von nichtreligiösen weltanschaulichen Gemeinschaften ihre Beiträge absetzen können, sondern dass diese Möglichkeit gänzlich gestrichen wird.

Das Argument für die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags, die Kirchen würden die Beiträge für gemeinnützige Zwecke verwenden, lässt die Initiative in ihrer Beschwerde nicht gelten. Als Beispiel wird der Rechenschaftsbericht der Erzdiözese Wien aus dem Jahr 2012 angeführt, der laut den Ausführungen der Beschwerdeführer zeigt, dass das Geld hauptsächlich für Sach- und Personalaufwand ausgegeben werde.

Experte: Schlechte Chancen

Richard Potz, Leiter des Instituts für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht an der Universität Wien, räumt der Beschwerde im Interview mit religion.ORF.at eher schlechte Chancen ein. Der Verfassungsgerichtshof werde, vermutet Potz, wie schon in früheren Urteilen entscheiden, dass eine Unterscheidung zwischen anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften und anderen Organisationen gerechtfertigt sei.

Allerdings, so Potz, werde dadurch das eigentliche Problem, nämlich die Ungleichbehandlung von religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen in Österreich, umgangen. Im Gegensatz zu Religionsgemeinschaften gibt es hierzulande nämlich für nichtreligiöse Weltanschauungsgemeinschaften - und als solche sieht sich auch die „Initiative Religion ist Privatsache“ - keine Möglichkeit einer staatlichen Anerkennung, die über das Vereinsrecht hinausgeht.

„Theoretisch könnte der Verfassungsgerichtshof aufgrund dieser Beschwerde fordern, dass der Gesetzgeber eine Möglichkeit zur Anerkennung von nichtreligiösen Weltanschauungen schafft“, sagt Potz gegenüber religion.ORF.at. In der Praxis sei damit aber kaum zu rechnen.

religion.ORF.at/APA

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