Slowenien: Kritik an Absetzung der Erzbischöfe

Drei Wochen nach der Absetzung der Erzbischöfe Arnton Stres (Ljubljana) und Marjan Turnsek (Maribor) durch Papst Franziskus wird die Kritik an der Entscheidung des Papstes immer lauter.

In slowenischen Kirchenkreisen sei bereits die Rede davon, dass „Mysteriöse Kräfte des Bösen“ am Werk seien, die „rational nur schwer zu erfassen sind“, heißt es dazu in einem Korrespondentenbericht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Die Maßnahme komme einer „Enthauptung“ der Kirche in Slowenien gleich, zitierte die FAZ aus einem Bericht des derzeitigen Administrators in Ljubljana, Bischof Stanislav Lipovesk.

Erzbischof Anton Stres (Ljubljana), Nuntius Juliusz Janusz und Erzbischof Marjan Turnsek (Maribor)

APA/EPA/Picasa

Erzbischof Anton Stres (Ljubljana), Nuntius Juliusz Janusz und Erzbischof Marjan Turnsek (Maribor) bei der Rücktrittspressekonferenz

Rücktritt wegen Finanzdebakel?

Stres und Turnsek hatten unmittelbar nach ihrer Enthebung erklärt, diese sei aufgrund ihrer angeblichen Verwicklung in das Finanzdebakel ihrer Diözesen erfolgt. Sie wollten durch ihren Rücktritt einen Neubeginn ermöglichen und Schaden abwenden. Die Diözese Maribor hat derzeit einen Schuldenstand von 37 Millionen Euro - die Verbindlichkeiten von zwei Holdings, an denen sie mit über 50 Prozent beteiligt ist, betragen über 800 Millionen Euro.

Klarer und ohne Blatt vor dem Mund formuliert die Kritik am vatikanischen Vorgehen der an der Universität Ljubljana lehrende Moraltheologe Ivan Stuhec: Die Enthebung sei „ungerecht“, die betroffenen Erzbischöfe tragen „keine Verantwortung für die heutige Situation“, so Stuhec in einem ausführlichen Interview mit dem Sender „Televizija Maribor“. Die Entscheidung des Papstes offenbare den geringen Informationsstand im Vatikan. Noch dazu hätten die slowenischen Bischöfe den Heiligen Stuhl 2008 im Rahmen eines „Ad limina“-Besuchs über die Situation in Maribor ausführlich informiert.

Finanzdebakel hat 2006 seinen Ursprung

Die entscheidenden Weichenstellungen, die in das heutige Finanzdebakel führten, seien außerdem bereits in den Jahren 2006-2008 erfolgt, so Stuhec weiter. Damals war Anton Stres Bischof in Celje und Martin Turnsek Bischof in Murska Sobota. Verantwortlich sei der damalige Erzbischof von Maribor, Franc Kramberger, der bereits unter Benedikt XVI. 2011 zurücktreten musste.

In Schutz genommen wird von Stuhec indes der frühere Erzbischof von Ljubljana und langjährige Präfekt der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens, Kardinal Franc Rode. Entgegen anders lautenden Gerüchten trage er keine Mitschuld am Rücktritt von Stres und Turnsek, so Stuhec.

Nicht handlungsfähig

Erschwert werde ein Neustart in den Diözesen heute laut Stuhec vor allem dadurch, dass Papst Franziskus nicht gleich neue Erzbischöfe ernannt hat, sondern die Leitung in die Hand von Administratoren gelegt hat. „Die Diözese Maribor etwa steht in ständigen Verhandlungen mit Banken und Gläubigern und ist ohne Bischof in dieser Situation kaum handlungsfähig“, so der Theologe.

Finanzielle Hilfen seitens des Vatikans können die Diözesen laut Stuhec nicht erwarten, da die Investitionen und Transaktionen, die in die Pleite geführt haben, gegen kirchenrechtliche Vorgaben verstoßen hätten. Hilfe erwartet sich Stuhec indes von den Nachbardiözesen - insbesondere von der Diözese Graz-Seckau. Deren Wirtschaftsdirektor, Herbert Beiglböck, hatte bereits Anfang August die prinzipielle Bereitschaft zur Hilfe in Form eines Ankaufs von „einigen wenigen Kernimmobilien“ durchscheinen lassen.

Umfrage: Bevölkerung begrüßt Rücktritte

Eine in dieser Woche von der slowenischen Zeitschrift „Delo“ veröffentlichte Umfrage zeichnet dagegen ein anderes Bild: So begrüßen demnach rund 75 Prozent der Befragten die Rücktritte der beiden Erzbischöfe. Ablehnend zeigten sich nur rund 15 Prozent. Zugleich glauben aber nur 30 Prozent, dass die Rücktritte das angeschlagene Image der Kirche verbessern können. Über 70 Prozent zeigten sich sicher, dass die slowenische katholische Kirche nicht in der Lage sein wird, die finanziellen Probleme allein zu bewältigen.

Exempel statuiert?

In einem Interview für die Laibacher Tageszeitung „Delo“ verwies Kardinal Rode, der den Papst noch aus der gemeinsamen Zeit in Argentinien kennt, auf den größeren Zusammenhang der Maßnahme. Der Fall Maribor sei ungefähr zeitgleich mit den Berichten über die vatikanischen Finanzaffären - insbesondere die Causa Msgr. Nunzio Scarano - auf den Schreibtisch von Franziskus gekommen. „Offenbar wollte er da ein Exempel für die ganze Kirche statuieren“, so der frühere Präfekt der Ordenskongregation. Der Grund dürfte sein, dass der argentinische Papst kirchliche Geld-Machenschaften jedweder Art als großes Ärgernis empfinde, so Rode.

Offene Kritik an den päpstlichen Sanktionen gegen die slowenische Kirchenführung kam hingegen via „Delo“ vom jetzigen Apostolischen Administrator für die Erzdiözese Ljubljana, Bischof Andrej Glavan. „Diese Maßnamen sind völlig ungerecht ausgefallen“, so der frühere Diözesanbischof von Novo Mesto.

KAP

Mehr dazu in:

Katholische Kirche von Slowenien vor Bankrott
(religion.ORF.at 01.08.2013)
Papst entlässt zwei slowenische Erzbischöfe
(religion.ORF.at 31.07.2013)