Gewalt gegen Kinder: Stift Rein liefert Denkanstoß

Im Zentrum eines Kunstprojektes des Stifts Rein mit dem Künstler Oskar Stocker, stehen Gesichter von Kindern, die unterschiedliche Gewalt erfahren haben. „Wir müssen ihren Blick aushalten“, so Pater August Janisch.

Oskar Stocker zeigt in der Stiftskirche des Stifts Rein bei Graz überlebensgroße Porträts von Kindern in besonderen Notlagen: Von Drei- bis 14-Jährigen, die geschlagen und vernachlässigt wurden, die Loyalitätskonflikten in Scheidungskriegen bis hin zum sexuellen Missbrauch ausgesetzt sind. „So schaut die heutige Not der Kinder aus. Wir dürfen nicht wegsehen, wir müssen ihren Blick aushalten“, so Pater August Janisch am Donnerstag anlässlich einer Podiumsdiskussion in der Stiftskirche.

Kindergesichter statt Märtyrer

„Es ist eine Thematik, wo vieles im Verborgenen bleibt, wo man aber nicht wegschauen darf“, so Janisch, Organisator der Kunstaktion und Diskussion am Donnerstag. Er hat den als Porträtmaler bekannten Künstler Oskar Stocker eingeladen, für die Zeit der Renovierung des Altarraumes der Basilika eine künstlerische Intervention zu schaffen.

Nun hängen dort großformatige Arbeiten, die Kindergesichter zeigen. An die Stellen, die sonst von Märtyrerdarstellungen dominiert werden, setzt der Künstler die Lebensrealität heutiger Kinder und stellt sie zugleich auch in den Kontext der Kirche.

Ausstellungshinweis:

Die Ausstellung „Verbo(r)gen“, von Oskar Stocker ist bis 3. November im Stift Rein bei Graz zu sehen.

„Seit Mai halte ich hier jeden Sonntag Gottesdienst, Hochzeiten und Firmungen ab - einige Gläubige sagen mir, sie halten den Blick dieser Kinder nicht mehr aus. Wir müssen ihn aber aushalten, wir müssen uns anschauen lassen und wir dürfen vor dem Leid der Kinder nicht wegsehen“, schilderte der Zisterzienser-Pater Janisch.

Janisch: „Schweigen über Gewalt brechen“

Die Bilder hätten auch eine andere Reaktion bei den Kirchenbesuchern hervorgerufen: „Wir hatten in den vergangenen Wochen zwei Kircheneintritte - mit der Begründung, dass wir die Ausstellung gemacht haben“, so Janisch über seine Erfahrungen, sich als kirchliche Institution dem Thema Gewalt gegen Kinder zu stellen. Opfer aus dem kirchlichen Kontext sind übrigens nicht zu sehen. Dennoch sehe er in den Bildern ein Angebot, das Schweigen über Gewalt zu brechen: „Es geht eine heilende Wirkung von diesen Bildern aus“, so der Zisterzienserpater.

Die kirchliche Sexualmoral sei „Jahrtausende lang über die Menschen gestülpt und die Menschen mit ihren sexuellen Fantasien in die Keller getrieben worden“, so ORF-Journalist Christoph Feurstein in der Diskussion. Insofern sei es ein „mutiges Zeichen“, das mit der Ausstellung gesetzt werde. Andererseits habe die Kirche aber auch „die Verantwortung, dass das Thema Gewalt an Kindern und sexuelle Gewalt offener diskutiert wird“, betonte Feuerstein.

Ausstellung soll auch nach Deutschland

„Dass die Kirche so etwas Mutiges macht, finde ich außergewöhnlich,“ so die deutsche Familiengerichtsgutachterin und forensische Sachverständige Meike-Angela Czajka. Mit ihren Schilderungen von Fällen misshandelter und missbrauchter Kinder hat sie den in Graz lebenden Tiroler Künstler (55) Stocker zu seinen Porträts inspiriert. Nun will sie die Ausstellung nach Deutschland bringen - möglicherweise in einem anderen Rahmen: „Ich denke beispielsweise an die deutschen Gerichte“, so Czajka.

APA

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