Kurienreform: Papst-Berater tagen erstmals in Rom

Jenes achtköpfige Kardinalsgremium, das Papst Franziskus kurz nach seinem Amtsantritt ins Leben gerufen hat und das ihn bei der Reform der vatikanischen Kurie unterstützen soll, tagt ab heute erstmals in Rom.

Viel wurde in den vergangenen Wochen und Monaten über das neue Gremium im Vatikan spekuliert, viel wird von den acht Kardinälen aus allen Erdteilen erwartet. Jetzt ist es so weit: die Gruppe trifft am Dienstag erstmals zusammen. Am Montag erhob Papst Franziskus das neue Gremium noch zu einer ständigen Einrichtung im Vatikan im Rang eines „Kardinalsrates“. Dieser solle ihm bei der Leitung der Weltkirche sowie bei der Kurienreform helfen, heißt es in einem am Montag vom Vatikan veröffentlichten Handschreiben des Papstes.

Nur Beraterfunktion

Fast gleichzeitig wurde betont, dass dem neuen Gremium an sich keine Entscheidungskompetenzen zufielen. Der Kardinalsrat zur Kurienreform versteht sich nach den Worten des Vatikan-Sprechers Federico Lombardi als ein weiteres Beratungsgremium des Papstes. Es trete neben bestehende Instanzen, wie etwa die Versammlung der Kurienleiter, und wolle die Konsultationen und die Koordination an der Kirchenspitze bereichern.

Es handele sich um ein Beratungs- und nicht um ein Beschlussgremium, hob Lombardi hervor. Es sei selbstständig und nicht von anderen Vatikan-Strukturen abhängig. Die Teilnehmer seien über den Inhalt der Beratungen zu Vertraulichkeit verpflichtet worden, hieß es außerdem.

Weitere Mitglieder möglich

Der Kardinalsrat bestehe vorerst aus jenen acht Kardinälen, die er am 13. April zu Mitgliedern der Arbeitsgruppe berufen habe, so Franziskus in dem Dokument von Montag. Er behalte sich jedoch vor, weitere Mitglieder in das Gremium zu berufen. Künftig werde er den Rat als Ganzes oder einzelne Kardinäle von Fall zu Fall einberufen. Der Kardinalsrat sei ein weiterer Ausdruck der bischöflichen Gemeinschaft und der Hilfe für den „Petrusdienst“, die von den Bischöfen in aller Welt geleistet werden könne, schreibt der Papst.

Europa wird in dem Kardinalsrat durch den Münchner Kardinal Reinhard Marx vertreten. Weitere Mitglieder des Kardinalsrates sind: Oscar Rodriguez Maradiaga, Erzbischof von Tegucigalpa in Honduras, Oswald Gracias, Erzbischof von Bombay, George Pell, Erzbischof von Sydney, Sean Patrick O’Malley, Erzbischof von Boston, Francisco Errazuriz Ossa, emeritierter Erzbischof von Santiago de Chile und der Erzbischof der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa, Laurent Monsengwo Pasinya.

Idee des Vorkonklaves

Während der täglichen Versammlungen vor dem Konklave hätten die Kardinäle den Wunsch geäußert, eine Gruppe von Bischöfen aus aller Welt einzusetzen, auf die der Papst als Ratgeber zugreifen könne, heißt es in dem Handschreiben des Papstes weiter. Nach seiner Wahl zum Papst habe er darüber wiederholt nachgedacht und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine solche Initiative „eine bedeutende Hilfe sein könnte, um den pastoralen Dienst des Nachfolgers Petri zu erfüllen, den mir meine Brüder Kardinäle anvertrauen wollten“.

Papst Franziskus lächelnd, im Vordergrund zwei Geistliche mit Rücken zur Kamera

Reuters/Max Rossi

Papst Franziskus will den Beratungen der Kardinäle beiwohnen

Beim ersten Zusammentreffen der acht Kardinäle gelte es nun zunächst, aus den rund 80 Dokumenten, die im Vorfeld mit Vorschlägen an den Papst und an die neue Kardinalsgruppe gelangt waren, Prioritäten zu erstellen, erklärte Vatikan-Sprecher Lombardi am Montag. Vorschläge waren von den acht Kardinälen selbst, aber auch von der Kurie, aus dem Kardinalskollegium und aus anderen Bereichen der Weltkirche zusammengetragen worden.

Sendungshinweis:

Marco Politi in: „Motive - Glauben und Zweifeln“,
Sonntag, 6.Oktober 2013
19.05 Uhr in Ö1.

Der Papst selbst wolle eine kurze Einleitung geben, und dann den Beratungen im Wesentlichen zuhören, so Lombardi weiter. Eine Veröffentlichung von Arbeitspapieren, Protokollen, Beschlüssen oder eines Schlusskommuniques sei nicht vorgesehen.

Experte sieht „andere Atmosphäre“

Einer, der jedenfalls viel von dem neuen Gremium erwartet, ist der italienische Vatikan-Experte Marco Politi. Mit der Wahl von Franziskus zum neuen Papst habe sich die Atmosphäre in der Kirche insgesamt gewandelt, nun gelte es, diesen frischen Wind in konkrete Reformen umzumünzen, so Politi bei einem Vortrag am Wochenende im St. Pöltner „Forum XXIII“ (benannt nach dem Konzilspapst Johannes XXIII.).

Die „Wende“ sei jedoch nicht vom Himmel gefallen, sondern habe sich durch eine veränderte kirchliche Großwetterlage bereits seit längerem abgezeichnet. Impulse in diese Richtung seien nicht zuletzt aus Österreich gekommen, so der Journalist unter Verweis auf österreichische Reformbewegungen. Diese seien im Vatikan durchaus wahrgenommen worden.

Neues Verständnis des Papst-Amtes

Einen Bruch erkennt Politi im Amtsverständnis des neuen Papstes, das auf das Ende eines „kaiserlichen sakralisierten Papsttums“ ziele. Zeichen eines solchen neuen Amtsverständnisses sei unter anderem die Betonung des Prinzips der Kollegialität unter den Bischöfen. Konkrete Reformschritte erwartet sich Politi im Blick auf die Praxis der Bischofsernennungen.

In dieser Frage scheine Franziskus eine stärkere Mitwirkung der Ortskirchen im Blick zu haben. Auch im Hinblick auf den Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen erwarte er Veränderungen. Weitere Reformprojekte seien laut Politi die Kurienreform, mehr Transparenz bei der Vatikanbank und die Bekämpfung der Korruption im Vatikan. Politi traut Franziskus aber auch klare Signale bei den bekannten „heiße Eisen“-Themen zu, so etwa in der Frage des kirchlichen Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen.

religion.ORF.at, KAP

Mehr dazu: